Evangelische Perspektiven Deutsch-russische Partnerschaften vor dem Aus
Montag, 10.04.2023
08:30
bis 09:00 Uhr
- Als Podcast verfügbar
BAYERN 2
Deutsch-russische Partnerschaften vor dem Aus
Sind persönliche Begegnungen der Schlüssel zur Versöhnung?
Von Barbara Weiß
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Peter Steger hat mehr als sein halbes Leben der deutsch-russischen Versöhnung gewidmet. Hauptamtlich betreut er seit 1989 für die Stadt Erlangen die Städtepartnerschaft mit der russischen Stadt Wladimir. Seit dem Beginn des Angriffskriegs auf die Ukraine im letzten Jahr liegt diese Partnerschaft wie alle anderen auf Eis. Der Erlanger, der mit einer gebürtigen Russin verheiratet ist, sagt: es ist alles kaputt!
Die deutsch-russischen Städtepartnerschaften wurden nach Vorbild der deutsch-französischen Partnerschaften geschlossen, um nach der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs den Frieden zwischen den Nationen zu festigen. Jetzt sprechen die Partner nicht mehr miteinander. Und wer es auf persönlicher Ebene noch tut, möchte das nicht unbedingt in der Öffentlichkeit sagen.
Erzpriester Nikolai Artemoff von der russisch-orthodoxen Kirche im Ausland, der die Gemeinde in München leitet, wo sowohl Russen als auch Ukrainer, Georgier und Moldawier Gemeindemitglied sind, sagt, er fühle sich wie ein Polarbär im eisigen Wasser: einen Fuß auf einer Eisscholle, den anderen auf einer anderen Eisscholle. Entweder - so glaubt er - wird er untergehen oder zerrissen.
Im Namen der evangelischen Landeskirche betreut Sabine Arnold, die selbst mehrere Jahre in Moskau gelebt hat, in Nürnberg die Aussiedlerseelsorge. Außerdem leitet sie die SinN-Stiftung, in der Menschen aus "aller Herren Länder" der Ex-Sowjetunion zusammenarbeiten. Das unterstützende Netzwerk für Zuwanderer hat seit dem 24. Februar 2022 eine ganz andere Bedeutung erhalten. In der Nürnberger Lorenzkirche organisiert Sabine Arnold auch Friedensgebete auf Deutsch, Russisch und Ukrainisch. Denn sie ist der Überzeugung, dass die Kirchen ein Resonanzraum für Versöhnungsarbeit sind.
Wie aber kann Versöhnung gelingen? Indem wir persönliche Kontakte abbrechen oder indem wir weiter im Gespräch bleiben - auch dann, wenn die einen den Krieg in der Ukraine ausdrücklich verurteilen, die anderen nicht?