Bayern 2

     

Zeit für Bayern Alles zerbröselt: Der Mythos Bayern kränkelt

Gipfelaufbau des Hochvogel in den Allgäuer Alpen | Bild: picture-alliance/dpa

Samstag, 20.05.2023
21:05 bis 22:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BAYERN 2

Bröselndes Wahrzeichen
Der zerbrechende Hochvogel und die Allgäuer Identität
Von Doris Bimmer

Mythos auf der Couch
Eine Analyse
Von Christine Gaupp

Wiederholung von 12.05 Uhr, Bayern 2
Diese Sendung hören Sie auch in der BR Radio App bei Bayern 2 und ist als Podcast verfügbar.

Bröselndes Wahrzeichen
Der zerbrechende Hochvogel und die Allgäuer Identität
Von Doris Bimmer

An allem nagt der Zahn der Zeit. Auch an dem, was ewig und "felsenfest" gegründet scheint. Dazu gehört auch der Hochvogel, das "Matterhorn des Allgäus". Der Berg wird in absehbarer Zeit auseinanderbrechen. Die Allgäuer müssen sich damit abfinden, dass ein Wahrzeichen ihrer Landschaft bald nicht mehr sein wird.
Seit vielen Jahren gräbt sich eine Spalte am Gipfel des Hochvogels immer tiefer in den Berg. Die TU München misst die historisch einmalig schnell voranschreitenden Veränderungen. Wie die Allgäuer sich mit dem Hochvogel über Geschichten und Erlebnisse identifizieren, wie sie damit umgehen, dass ihr Berg vielleicht nach einem Felssturz schon bald ein ganz anderes Gesicht haben könnte, dem spürt Doris Bimmer in dieser Ausgabe von "Zeit für Bayern" nach.


Mythos auf der Couch
Eine Analyse
Von Christine Gaupp

Wer bin ich? Selbstzweifel, Identitätsprobleme plagen mittlerweile auch den "Mythos Bayern" und eh er sich‘ s versieht, findet er sich auf der Couch bei der Therapeutin wieder.
Protzige Kraftmeierei ist heute kaum mehr angesagt - auch mantraartiges Wiederholen von "mir san mir" überzeugt nicht mehr.
Dem Mythos wird klar, dass er nicht auf einem ganz besonderen, einzigartigen Volk basiert, sondern die Bayern vermutlich ein Mischvolk aus Sprengseln der Völkerwanderung sind. Klar ist nur, dass ab dem 6. Jahrhundert von "Bajuvaria" die Rede ist, ansonsten ist vieles Legendenbildung.
Fensterlnde, wildernde, plattelnde betrunkene Raufbolde in Lederhosen - zu diesem Klischee viel beigetragen hat Max II. Ein volksnaher König, der ein kollektives Wir-Gefühl schaffen wolle, als im 19. Jahrhundert viele Selbstverständlichkeiten ins Wanken gerieten. Er institutionalisierte eine einheitliche Tracht - manche sagen, er hat nicht nur die Lederhosn salonfähig gemacht, sondern sogar manche Tradition erfunden.
In Zeiten der Aufklärung verbreiteten die Protestanten des Klischee des tumben, rohen und faulen Bayern - auch dies muss der "Mythos Bayern" auf der Couch erst mal verarbeiten.
Nach kitschigen Bergpanoramabildern, die ebenso in die ganze Welt exportiert wurden, wie Hurra-Seppltum-Heimatabende, haben Filme von Dietl, Bogner, Rosenmüller & Co. unserem Selbstwertgefühl wieder auf die Beine geholfen. Und heute wirbt die Bayern Tourismus GmbH nicht mehr (nur) mit Neuschwanstein, Linderhof und Königssee, sondern ganz erfolgreich mit Stille.
Ist früher der Bauer auf der Hausbank g‘hockt und hat vor sich hin sinniert, hieß es gleich, er sei faul oder tumb. Heute zahlen viele Burnoutgefährdete einen Haufen Geld für Auszeiten und Sabbaticals.
Der Mythos muss vielleicht bloß a bisl a Ruah gebn, dann findet er auch wieder zu sich selbst - ganz unaufgeregt und fernab jeglicher Dirndl-Rüscherl-Dackel-Kitsch-Show.

Akustische Reisen durch Bayerns Regionen

Zeit für Bayern zeigt das Land im Herzen Europas in seiner ganzen Vielfalt. Eine unterhaltsame Heimatkunde für alle, ob alteingesessen oder neuzugezogen, ob aus Kempten oder Köln, Nürnberg oder Neapel, Berlin, Bagdad oder Berchtesgaden. Denn Heimat ist da, wo man sich kennt und auskennt. Zeit für Bayern bietet die Gelegenheit, die Landstriche und die Menschen Altbayerns, Frankens und Schwabens näher kennen zu lernen und neu zu erfahren - bayerisches Leben und bayerisches Lebensgefühl abseits aller Klischees.

"Zeit für Bayern" ... sollte jeder haben!