radioWissen am Nachmittag Frauen machen und schreiben Geschichte
Dienstag, 19.12.2023
15:05
bis 16:00 Uhr
- Als Podcast verfügbar
BAYERN 2
Helene Kottannerin
Die Kammerfrau, die Ungarns Krone stahl
Liselotte von der Pfalz
Ungeschminktes aus Versailles
Das Kalenderblatt
19.12.1902
Die Postkutschenräuberin Pearl Hart fängt neu an
Von Ulrike Rückert
Diese Sendung hören Sie auch in der BR Radio App bei Bayern 2 und ist als Podcast verfügbar.
Helene Kottannerin: Die Kammerfrau, die Ungarns Krone stahl
Autorin: Carola Zinner / Regie: Christiane Klenz
Es sind die frühesten deutschsprachigen Memoiren einer Frau und dazu noch ein Text von schier unglaublichem Inhalt. Helene Kottannerin, Hofdame Königin Elisabeths von Luxemburg, erinnert sich daran, wie sie anno 1440 im Auftrag ihrer Herrin aus der Schatzkammer von Burg Visegrád, der Plintenburg, die legendäre Heilige Stephanskrone entwendete. Elisabeth, die mit ihrem Ehemann, dem österreichischen Herzog Albrecht V./II., über das Königreich Ungarn geherrscht hatte, war vor kurzem Witwe geworden und wollte nun für das Kind, mit dem sie schwanger war und bei dem sie fest mit einem Sohn rechnete, die Krone sichern - und damit gleichzeitig den Anspruch auf den ungarischen Thron. Rund zehn Jahre nach der spektakulären Nacht- und Nebelaktion beschreibt "Ich, Helene Kottannerin", wie es im Text immer wieder heißt, detailliert den "Tathergang" und die anschließende Flucht. "Mein Helfer nahm einen rotsamtenten Polster, trennte ihn auf und nahm einen Teil der Federn heraus und tat die Krone in den Polster." Auch an der Geburt des kleinen Ladislaus Postumus und an seiner Krönung mit dem "Diebesgut" im Alter von zwölf Wochen lässt die Verfasserin ihre Leserschaft teilnehmen: "Er hielt den Kopf so kräftig aufrecht wie ein Kind von einem Jahr."
Liselotte von der Pfalz - Ungeschminktes aus Versailles
Autorin: Prisca Straub / Regie: Eva Demmelhuber
Die Heiratspolitik hat Liselotte an den Hof von Versailles verschlagen: 1671 wird die Pfälzerin mit dem Bruder des Sonnenkönigs verheiratet. Als Herzogin von Orleans verbringt sie über 50 Jahre am französischen Königshof - und was sie dort erlebt, ist denkbar unerfreulich: ihre Ehe - eine Mesalliance mit einem bekennenden Homosexuellen. Die Intrigen bei Hof - abgeschmackt! Das ausschweifende Leben und die Verschwendungssucht - so gar nicht nach Liselottes Geschmack. Dennoch ist sie eine der wenigen, die Ludwig XIV. offen die Meinung sagen darf - bis ihre Freundschaft von der Mätresse des Monarchen unterbunden wird. Liselotte ist ein Fremdkörper am Hof. Sie sehnt sich zeitlebens von der Seine zurück an den Rhein - vermisst Sauerkraut, hasst das Billardspiel und vor allem "das Handwerk, Kinder zu machen!" Zum Ausgleich verfasst sie Zehntausende von Briefen an ihre deutsche Verwandtschaft: intelligent und unkonventionell, scharfzüngig, humorvoll und manchmal auch schonungslos. Ihr Lebenspech ist ein Glücksfall für die Historiker: Denn Liselotte erlaubt uns unschätzbare Einblicke in das Alltagsleben des höfischen Absolutismus. Ganz nach dem Motto: "Madame zu sein, ist ein elendes Handwerk!"
Erstsendung 11. Oktober 2016
Moderation: Katharina Hübel
Redaktion: Thomas Morawetz
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