radioWissen Das Ich im Gedicht
Dienstag, 16.01.2024
09:05
bis 10:00 Uhr
- Als Podcast verfügbar
BAYERN 2
Das lyrische Ich
Gedichte zwischen Fiktion und Wahrheit
Die Lyrikerin Marie Luise Kaschnitz
Auf der Suche nach dem Ich
Das Kalenderblatt
16.1.1865
König Ludwig II. kämpft um Aschaffenburger Stadttor
Von Simon Demmelhuber
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Das lyrische Ich - Gedichte zwischen Fiktion und Wahrheit
Autorin: Justina Schreiber / Regie: Ron Schickler
Wenn Goethe dichtet: "Ich ging im Walde so für mich hin", liegt es nahe, sich den Autor beim Waldspaziergang vorzustellen. Auch wenn die Erlebnisse, die er schildert, unmöglich real gewesen sein können: sprechende Blümchen gibt es nämlich nicht. Trotzdem verführt diese Art von Lyrik dazu, das fiktive Ich mit der dichtenden Person gleichzusetzen. Aber die Stimme eines Gedichtes kann immer verschiedene Rollen oder Haltungen einnehmen. Fantasie und Kunstfertigkeit machen es möglich. Um die autobiografische Verwechslungsgefahr zu bannen, führte die Philosophin Margarete Susman 1910 den bis heute umstrittenen Begriff des lyrischen Ichs ein. Dass dessen künstlerische Freiheit ihre Grenzen hat, zeigte die Debatte um die gewaltverherrlichenden "Gedichte" des Rammstein-Sängers Till Lindemann. Das Fehlverhalten des Autors brachte auch das angeblich fiktive "Ich" seiner Texte in Verruf.
Die Lyrikerin Marie Luise Kaschnitz - auf der Suche nach dem Ich
Autorin: Juliane Ziegler / Regie: Irene Schuck
Mit einfühlsamen Gedichten und Kurzgeschichten wurde sie berühmt, heute gilt sie als eine der bedeutendsten Dichterinnen der Nachkriegsjahre: Marie Luise Kaschnitz. Geboren 1901 in einer adeligen Familie, lebt sie u.a. im Breisgau, in Rom und Frankfurt am Main - alle drei Orte tauchen immer wieder in ihrem Werk auf. Sie ist eng befreundet mit Ingeborg Bachmann, Theodor W. Adorno und weiteren Intellektuellen. In jungen Jahren sind die Natur und Antike wichtige Motive ihrer Arbeit, später fängt sie die Stimmungen nach dem Zweiten Weltkrieg ein und beschreibt Ruinen, Zerstörung, Wohnungsnot, Leid. Und immer wieder beschäftigt sie sich mit selbst Erlebtem wie Trauer oder Schuld, sie nennt sich eine "ewige Biographin". Daneben geht sie auf Fragen der Gegenwart ein und erhält 1955 für ihre Arbeit den Georg-Büchner-Preis. Als sie 1974 in Rom stirbt, hinterlässt sie ein vielschichtiges Werk. Heute scheint sie fast vergessen - dabei sind viele ihrer Texte, Gedichte, Erzählungen und Hörspiele zeitlos.
Erstsendung 8. März 2022
Moderation: Christian Schuler
Redaktion: Susanne Poelchau
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