radioWissen Eileen Chang und die nervöse Frau
Dienstag, 01.09.2015
09:05
bis 10:00 Uhr
- Als Podcast verfügbar
BAYERN 2
Eileen Chang
Shanghai im Herzen
Autorin: Isabella Arcucci / Regie: Irene Schuck
Die nervöse Frau
Eine literarische Figur
Autorin: Julia Mahnke-Devlin / Regie: Petra Herrmann
Das Kalenderblatt
1.9.1945
Erstes "Pippi Langstrumpf"-Buch erscheint
Von Birgit Magiera
Als Podcast verfügbar
Eileen Chang - Shanghai im Herzen
Von Isabella Arcucci
Sie gehört zu den wichtigsten Persönlichkeiten der chinesischen Literaturgeschichte des 20. Jahrhunderts und für viele Autorinnen in China ist sie heute ein Vorbild: Eileen Chang. Ihre Werke thematisieren nicht politische Doktrinen, sondern zeichnen in schonungsloser Schärfe menschliche Gefühle nach. Ihre Kindheit und Jugend verbrachte Eileen Chang vor allem im Schanghai der 20er bis 40er Jahre, einer weltgewandten Metropole, in der die Klänge der chinesischen Oper sich mit den Rhythmen westlicher Tanzmusik vermischten. Zeit ihres Lebens war sie zerrissen: zwischen der im Untergang begriffenen Welt der strengen konfuzianischen Familienstrukturen und der klassischen chinesischen Literatur, in der ihr Opium rauchender Vater sie unterwies und der modernen westlichen Welt, repräsentiert durch ihre Mutter, die sich aus der arrangierten Ehe befreite, um in der Schweiz auf gebundenen Füßen Ski zu fahren. Es ist vor allem der Geschlechterkampf, den Chang in ihren Werken zu ergründen versuchte. Ein Kampf um Liebe, Anerkennung und Sicherheit in einer aus Elfenbein und Ebenholz geschnitzten Welt, die langsam zu vermodern beginnt.
Die nervöse Frau - Eine literarische Figur
Von Julia Mahnke-Devlin
Die Jahre zwischen der Reichsgründung 1871 und dem Ersten Weltkrieg werden gerne als "Zeitalter der Nervosität" bezeichnet. Reizbare Schwäche, Hysterie oder Neurasthenie wurden zu einer Modekrankheit, an der mit Vorliebe die Angehörigen gehobener Schichten litten. Kein Zufall, dass sich zu ebendieser Zeit eine neue wissenschaftliche Disziplin entwickelte - die Psychologie. Doch nicht nur Wissenschaftler, auch Schriftsteller interessierten sich für die Leidenden. Der Roman des Realismus bot einen idealen Schauplatz, um das schon von den Zeitgenossen als epochentypisch wahrgenommene Krankheitsphänomen zu beschreiben und zu bewerten. Zahlreiche nervöse literarische Figuren hat die Literatur des fin-de-siècle hervorgebracht. An ihnen lässt sich eine interessante, geschlechterspezifische Beobachtung machen: Meist sind es die Männer, die genuin an der Krankheit leiden, die dekadent, überreizt und lebensuntauglich sind. Den Frauen hingegen dient Nervosität häufig nur als Vorwand, als eine Flucht in eine gesellschaftlich akzeptierte Krankheit.
Moderation: Christian Schuler
Redaktion: Petra Herrmann
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