Bayern 2

     

radioWissen am Nachmittag Der Kult um die Mutter

Mittwoch, 30.05.2012
15:05 bis 16:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BAYERN 2

Pandora
Archetyp der Weiblichkeit

Der Kult der Muttergöttin
Gebieterin der Dunkelheit

Das Kalenderblatt
30.5.1907
C. G. Jung kündigt sein Institut an
Ausgewählte Beiträge als Podcast verfügbar

Pandora - Archetyp der Weiblichkeit
von Gabriele Bondy
Die Büchse der Pandora wird allgemein als ambivalenter Begriff verwendet. Von Hesiod bis Goethe, von Frank Wedekind bis Sarah Kirsch, von Voltaire, Nietzsche bis Sloterdijk haben sich viele Autoren, Philosophen und Künstler mit Pandora, der “Allbegabten” auseinandergesetzt. Sie ist das erste weibliche Wesen in der griechischen Mythologie und gilt als Pendant zu Eva, der christlichen Ur-Mutter des Menschengeschlechts. Auf Befehl von Göttervater Zeus ist Pandora von Hephaistos aus Lehm geschaffen worden, um mit ihr Rache an Prometheus zu nehmen. Der Titan hatte bekanntermaßen den Menschen das Feuer gebracht und ihnen damit ermöglicht, sich und ihre Kultur weiterzuentwickeln. Prometheus warnte seinen Bruder Epimetheus davor, jemals Gaben von Zeus anzunehmen. Doch der konnte dem “Geschenk” Pandora nicht widerstehen und nahm die mit allen Reizen und Göttergaben Ausgestattete zu seiner Frau. Als Hochzeitsgeschenk erhielt Pandora von Zeus eine versiegelte Büchse (pithos), die alle Übel dieser Welt enthielt. Als die verbotenerweise geöffnet wurde, verteilten sich die Unannehmlichkeiten auf der ganzen Erde. Die Hoffnung (elpis) allerdings blieb zurück. Die wurde dann zum ewigen Trost im “irdischen Jammertal”. Allerdings kann sie auch - negativ gedeutet - als bange Erwartung verstanden werden.

Der Kult der Muttergöttin - Gebieterin der Dunkelheit
von Christian Feldmann
Höhlenmalereien und Mythen zeugen vom uralten Kult der "Großen Mutter". Sie wird als Lebensspenderin, Ernährerin, Heilerin gesehen, aber auch als Todbringende und Vernichterin. Sie heißt Shakti in Indien, Inanna-Ischtar in Mesopotamien, Demeter, Kybele - und Maria. Erst später setzten sich die männlichen Schöpfergötter durch, die einsam und mechanisch eine Welt produzieren. Doch auch die Bildersprache der Bibel schildert oft genug eine mütterliche Gottheit, zärtlich besorgt um die Menschen, die sie geschaffen hat. Die Gottheit erscheint als Hebamme, die den Frauen von Jerusalem beim Gebären hilft. Maria mit dem Jesuskind wird später genauso dargestellt wie Isis mit ihrem Sohn Horus, und die christliche Madonna trägt den Sternenmantel der ägyptischen Himmelsmutter. Mit der Frauen- und der Umweltschutzbewegung kehrt die "Große Göttin" zurück - als erhaltende Kraft, während der Planet vor dem Untergang steht. Die Muttergottheit steht für die Ehrfurcht vor dem Leben, für ein symbiotisches Verhältnis zu Pflanzen und Tieren, für den Glauben an eine Weiterexistenz nach dem Tod. Die Männer - und die Menschen überhaupt – müssen wieder lernen, auf ihre weibliche Seite zu hören, auf die sanften Töne des Unbewussten, auf die vergessene Natur.

Redaktion: Bernhard Kastner
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