Hörspiel Die Quellen sprechen (5/16)
Samstag, 09.05.2015
15:05
bis 17:00 Uhr
BAYERN 2
Die Quellen sprechen
Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933-1945
Eine dokumentarische Höredition
Teil 5: West- und Nordeuropa 1940-Juni 1942
Mit Wiebke Puls, Matthias Brandt und den Zeitzeugen Wolfgang Nossen, Heinz Hesdörffer, Georg Heller, Szlomo Targownik, Ursula Mamlok, Kurt Salomon Maier und Peter Weitzner
Bearbeitet von Katja Happe/Michael Mayer/Maja Peers
Mitarbeit: Jean-Marc Dreyfus
Manuskript: Stephanie Metzger
Regie: Ulrich Lampen
BR Hörspiel und Medienkunst in Zusammenarbeit mit dem Institut für Zeitgeschichte/Edition "Judenverfolgung 1933-1945", 2015
Ursendung
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Als Podcast verfügbar im Hörspiel Pool
"Mit jedem Tage komme ich mir mehr wie eine Pflanze vor, welche aus dem Boden herausgeholt wurde und nun achtlos beiseite geworfen wird, um zu verdorren. Wir leben auf Abbruch. Nichts lässt man uns mehr." Jenes "Leben auf Abbruch", das Felix Hermann Oestreicher in einem Brief an seine Kinder beschreibt, wurde mit dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht in die Staaten Nord- und Westeuropas im Mai 1940 für viele dorthin geflohene und einheimische Juden Realität. In den westeuropäischen Ländern, die vor der Besatzung Fluchtpunkt für eine große Anzahl jüdischer Flüchtlinge geworden waren, zeigten sich die Deutschen zunächst zurückhaltend. Je nach Organisation des Besatzungsregimes und Kooperation mit den einheimischen Behörden wurden Strategien zwischen deutlicher Einflussnahme und Zurückhaltung gesucht, um Kollaborationsbereitschaft und wirtschaftliche Ressourcen zu sichern. Nach und nach und unterstützt von antisemitischen und nationalsozialistischen Gruppierungen der jeweiligen Länder ergriffen die Besatzer aber auch in Norwegen, den Niederlanden, Belgien, Luxemburg und Frankreich die bereits im Deutschen Reich und in Polen angewandten Maßnahmen zur Entrechtung und Isolierung der Juden. Der behördlichen Erfassung und Registrierung von Juden folgten gesetzliche Diskriminierung und behördliche Schikane mit dem Ziel der Ausgrenzung sowie die systematische Enteignung jüdischen Vermögens und Besitzes. Die massiver werdende Verfolgung der jüdischen Bevölkerung stieß auf verschiedene Widerstände. Vertreter von Regierung und Wirtschaft, Kirchen, kommunistische Widerstandsgruppen und Teile der nicht jüdischen Bevölkerung protestierten, und nicht selten setzten die Widerstandsakte eine Spirale von erhöhter Repression und Gewalt durch die Besatzer in Gang. Auswanderungsverbote und der Transport von Juden in Internierungslager bereiteten schließlich die Deportationen in den Osten vor. 1942 waren die Juden in allen Ländern Westeuropas zum Tragen des "Judensterns" verpflichtet. In Frankreich und Luxemburg hatten die Deportationen in die Gettos und Vernichtungslager bereits begonnen, in den anderen Ländern standen sie unmittelbar bevor.
Teil 5 der Höredition dokumentiert die Zeit in West- und Nordeuropa vom deutschen Einmarsch bis Mitte 1942. Neben den Akten zu den antijüdischen Maßnahmen der Besatzer und der Regierungen vermitteln Briefe und Tagebucheinträge die Belastungen der jüdischen Flüchtlinge, die Unsicherheit der einheimischen Juden über die Pläne der Besatzer und die Erschütterung ihres Selbstverständnisses. Die Quellen berichten von den Versuchen Einzelner und jüdischer Hilfsorganisationen, Emigration doch noch zu ermöglichen, und von Hunger und Verzweiflung in den Arbeitslagern. Sie dokumentieren das Dilemma der jüdischen Zwangsorganisationen, die Aufrufe zum Widerstand und zur internationalen Hilfeleistung.