Bayern 2

     

Bayerisches Feuilleton Bräute der Lüfte

Die Fliegerin Elly Beinhorn um 1930/31  | Bild: picture-alliance/dpa/akg-images

Sonntag, 07.01.2018
20:05 bis 21:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BAYERN 2

Bräute der Lüfte
Die Lust, abzuheben
Von Henrike Leonhardt
Wiederholung vom Samstag, 8.05 Uhr
Als Podcast und in der Bayern 2 App verfügbar

In den Köpfen spukten sie ja schon immer herum, die fliegenden Frauen: Walküren, Windsbräute, Blocksberg-Hexen! Dass aber irgendwann leibhaftige irdische Weibsleute vom Boden abhoben, das ging zu weit! Zu hoch! Für die Luftfahrerinnen war das Fliegen einfacher als das Überfliegen männlicher Konkurrenzängste und allgemeiner Vorurteile. Käthe Paulus zum Beispiel, die erste deutsche Fallschirmspringerin, tat 1893 ihren Jungfernflug in Nürnberg, weil andernorts "die praktische Betätigung einer Dame in der Luftschiffahrt" verboten war. Lange blieb Frauen in Deutschland die erwerbsmäßige Passagierbeförderung verwehrt. Um Berufsfliegerin zu werden, wie zum Beispiel Melli Beese, Elly Beinhorn, Marga von Etzdorf, Thea Rasche, Hanna Reitsch, Melitta Schiller, Christlmariele Schultes, mussten Frauen Nischen finden: als Fluglehrerin, Kunstfliegerin, Reklame- oder Einfliegerin, Testpilotin.

Fürs Fliegen verkauften manche ihre Seele, andere opferten Gesundheit und Leben. Fliegen war teuer. Wer nicht von Haus aus reich war, begab sich für seine Flugleidenschaft (oder Flugsucht?) und für das notwendige eigene Flugzeug in oft verhängnisvolle Abhängigkeiten. Wurde die Maschine vom Hersteller gestellt, musste frau sich bereits durch Rekorde und Rennen einen Namen gemacht haben.

Durch immer waghalsigere Weit- und Hochflüge hatten die - zumeist sehr attraktiven - Fliegerinnen nun die Leistungskraft und Sicherheit des jeweiligen Flugzeugtyps international unter Beweis zu stellen. Nicht wenige Fliegerinnen blieben dabei auf der Strecke. Marga von Etzdorf zum Beispiel (deren Nachlass im Archiv des Deutschen Museums liegt): Karrierefliegerin mit zwei Bruchlandungen; nach der dritten in Aleppo hat sie sich erschossen - keine Firma hätte ihr noch ein Flugzeug anvertraut. (Oder ging es doch um Waffenschmuggel?) Auf ihrem Grab steht: "Der Flug ist das Leben wert".

Henrike Leonhardt fragt, ob "über den Wolken die Freiheit" ist.

Hörkino zum Frühstück statt Frühstücksfernsehen

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