Neulich erzählte mir eine Freundin, dass sie, als sie am Abend wohlig seufzend unter die Decke in ihr Bett kroch, dachte: "Mein Gott, ist Schlafengehen schön!" Und seitdem muss ich beim Schlafengehen immer daran denken, wie toll es ist, ein Bett zu haben, in das ich mich legen kann, ein Dach über dem Kopf, eine warme Decke, um sie mir über die Ohren zu ziehen. Und: ein Morgen, an dem die Sorgen zumindest allermeistens so klein sind, dass ich abends ruhig einschlafen kann. Was für ein Luxus! Søren Kierkegaard, dem dänischen Philosophen und Theologen, ist dazu noch mehr eingefallen: "Dass du das Nötigste bekommst, dass du erschaffen wurdest, dass du ein Mensch wurdest, bedenke, dass du sehen kannst, dass du hören kannst, dass du riechen, dass du schmecken, dass du fühlen kannst; dass die Sonne für dich scheint - deinethalben, dass, wenn sie müde wird, der Mond anfängt, und dann die Sterne angezündet werden, dass es Winter wird, dass die ganze Natur sich verkleidet, Verstecken spielt -, um dich zu vergnügen; dass das junge Grün sprießt und der Wald schön wächst und als Braut dasteht, um dir Freude zu schenken. Wenn dies nichts ist, worüber man sich freuen kann. Lerne darum von der Lilie und lerne vom Vogel, deinen Lehrern: zu sein heißt für heute da sein, und das ist Freude."

Entnommen aus: Marlene Fritsch "Echt ich. Wie man sich selbst begegnet", Vier-Türme-Verlag, Münsterschwarzach 2021