Die alten Mönche sprechen nie unaufgefordert. Ihre Aussprüche sind immer Antworten auf konkrete Fragen. "Was ist ein Mönch?", wird etwa einer gefragt. "Mühe! Denn der Mönch müht sich ab in allem, was er tut. So ist er Mönch!" Nicht alles kann leicht von der Hand gehen. Das Leben ist oft mühevoll. Aber die Mühe lohnt sich. Denn gerade durch das, was mich Anstrengung kostet, reifen in mir Widerstandsfähigkeit und Gelassenheit. Diese Lehre aus dem frühen Wüstenmönchtum Ägyptens hilft mir, die Regel meines Ordensvaters Benedikt richtig zu verstehen. Er schreibt nach dem Aufruf "Höre, mein Sohn, auf die Weisung des Meisters" sogleich von der Mühe, die die Gottsuche dem Mönch abverlangt. Freilich, er spricht dann auch vom unaussprechlichen Glück auf diesem Weg. Anforderung und Verheißung eines geistlichen Lebens: Nur wer sich abmüht, gelangt zur Erfüllung. Und so können wir allgemein formulieren: Was ist der Mensch? Mühe! Denn der Mensch müht sich ab in allem, was er tut. So wird er zum Menschen!

Entnommen aus: Bernhard A. Eckerstorfer "Kleine Schule des Loslassens. Mit den Weisheiten der Wüstenväter durch den Tag", Tyrolia Verlag, Innsbruck 2019