Eines Tages kam ein Bauer zu seinem Feld und stellte fest, dass sein Pferd weggelaufen war. Die Leute im Dorf sagten, oh was für ein Unglück. Am nächsten Tag kehrte das Pferd mit zwei anderen Pferden zurück und die Dorfbewohner meinten, was für ein Glück. Dann wurde der Sohn des Bauern von einem der Pferde abgeworfen und brach sich ein Bein. Die Dorfbewohner drückten ihr Mitgefühl aus. Wie misslich. Bald darauf brach ein Krieg aus und die jungen Männer des Dorfes wurden eingezogen. Wegen seines gebrochenen Beines wurde der Sohn des Bauern als einziger nicht eingezogen und die Dorfbewohner kommentierten, was für ein Glück das sei. Wie diese alte Geschichte zeigt, ist es nicht möglich ein Ereignis einfach als glücklich oder unglücklich, gut oder schlecht zu bewerten. Wir müssten durch Zeit und Raum reisen, um die wahren Auswirkungen eines jeden Ereignisses zu kennen. Jeder Erfolg birgt einige Schwierigkeiten und jeder Misserfolg trägt zu mehr Weisheit oder zukünftigem Erfolg bei. Jedes Ereignis ist beides: Glück und Unglück. Glücklich und unglücklich, Gut und Schlecht sind nur Konzepte unserer Wahrnehmung.

Entnommen aus: Thích Nhât Hanh "Einfach zufrieden", aus dem amerik. Englisch von Ursula Richard, Erzähler Herbert Schäfer, Argon Balance Verlag, Berlin 2020, (Hörbuch Kapitel 8)