Liebe, das haben die meisten von uns längst erfahren, gelingt am besten, wenn wir den anderen oder die andere nicht ändern wollen, sondern so nehmen und lieben, wie er oder sie ist. Das heißt nicht, dass wir alles großartig finden oder gar jemanden "wegen seiner Fehler" lieben müssen. Es heißt nur, dass wir die Person in ihrer Ganzheit so annehmen, wie sie jetzt gerade ist. Und im Idealfall lassen wir uns sogar noch auf die möglichen zukünftigen Veränderungen ein. Die wir natürlich durch das Miteinander beeinflussen, aber dennoch nicht kontrollieren können. Zudem machen wir immer wieder die Erfahrung, dass uns auch Menschen, die wir sehr gut zu kennen glauben, überraschen. Positiv wie negativ. Häufig glauben wir, alles zu wissen würde es uns ermöglichen, alles in Ordnung zu bringen. Doch es ist unmöglich, jemanden ganz und gar zu kennen. Nicht einmal wir selbst können für jede nur denkbare Situation unser Handeln vorhersagen - wir können uns auch selbst überraschen. Diese Restunsicherheit anzunehmen, statt sie abzulehnen, spart Kraft und erzeugt Nähe. Und auch Sicherheit. Die Sicherheit nämlich, um die Unsicherheit zu wissen.

Entnommen aus: Ulrich Hoffmann "(Außer) Kontrolle. Was wir beeinflussen können und was nicht - und wie wir lernen, damit umzugehen", Mosaik Verlag, München 2022