Es muss darum gehen, das Leid an der Wurzel zu packen - ein Weg, den auch Carl Gustav Jung verfolgte. 1913 gab er seine Stelle als Dozent an der Universität auf, um neben seiner psychotherapeutischen Tätigkeit über das Unbewusste im Menschen zu forschen. Er schrieb sinngemäß, dass ohne Leiden niemand bewusst wird. Das bedeutet: Du lernst dich anhand deines Leides besser kennen, wie du eigentlich gestrickt bist und was du tatsächlich vom Leben willst. Um dies zu erkennen, musst du zunächst deine Dämonen kennenlernen, ihnen gut zuhören und mit ihnen tanzen lernen. Was ich damit meine, ist, dass wir unsere tiefsten Schattenseiten kennenlernen müssen, unsere Wunden. Es gibt Situationen, in denen wir getriggert werden - ich weiß, es ist ein Modewort, aber tatsächlich ist das Triggern ein Auslöser, der reflexartig Denk- und Gefühlsprozesse in Gang setzt, durch die wir uns schlechter fühlen. Wichtig ist nicht in die Vermeidung zu gehen, das unerträgliche Gefühl des Triggers wegzuschieben, sondern sich damit auseinanderzusetzen. Ich weiß einfacher gesagt, als getan. Sobald du diesen Schritt gegangen bist, kannst du besser verstehen, warum diese Trigger auftreten und wie du mit ihnen umgehen kannst. So wird der Prozess der Heilung der Leiden impliziert, erst in Gang gesetzt.

Entnommen aus: Nady Mirian "Leid - Die emotionalen Wellen des Lebens". Kösel Verlag, München 2024