Seinen individuellen Sinn, seine besondere Aufgabe im Leben muss jeder Mensch selbst finden. Manchmal dauert die Suche eine Weile, und manchmal hat man das Gefühl, die Orientierung verloren zu haben oder festzustecken. Mir hilft dann der Gedanke an die Metamorphose einer Raupe zum Schmetterling: In der Raupe ist schon der Schmetterling angelegt. Doch um ihr Wesen zu verwandeln, muss die Raupe erst mal eine Weile in völliger Bewegungslosigkeit und Dunkelheit verharren, fast, als wäre sie tot. Der Reifungsprozess, der im Verborgenen vor sich geht, dauert seine Zeit, und man könnte von außen meinen, es passiert überhaupt nichts. In Wirklichkeit ist es die totale Verwandlung. Man darf nicht von außen eingreifen und dem Schmetterling beim Schlüpfen "helfen", obwohl es für ihn unsagbar schwer ist, sich aus dem Kokon herauszukämpfen. Den Anblick dieser Mühsal kann man nur schwer ertragen. Hilft man dem Schmetterling, bleiben die Flügel verklebt und der Schmetterling wird niemals fliegen. Doch durch die Kombination aus Dunkelheit, Geduld und der Anstrengung beim Schlüpfen entfalten sich die Flügel prächtig und der Schmetterling fliegt.

Entnommen aus: Samuel Koch "StehaufMensch! Was macht uns stark? Kein Resilienz-Ratgeber", adeo Verlag, Asslar 2019