Maria-Anna Immerz Gedanken zur Adventszeit
Gemeinsam Singen
20. Dezember
Freitag, 20. Dezember 2024
Zufällig habe ich das mitbekommen - in einem Fernseh-Magazin neulich. So um die Hundert Leute sieht man. Es sind Arbeiter - Architekten, Dombaumeisterinnen, Zimmerleute, Statiker, Maler, Reinigungskräfte. Ihre Idee war es, zur Wiedereröffnung von Notre Dame in Paris miteinander zu singen. Was man bei der Probe hört, klingt schon ganz passabel. Was dahinter steckt, macht mir nur noch Gänsehaut. Das Unglaubliche gelang - auch durch Leute wie sie: Notre Dame strahlt wieder, fünfeinhalb Jahre nach dem verheerenden Brand. Wahnsinns-Zahlen hören wir zur Wiedereröffnung. Wie viel Entsetzen, wie viele Tränen angesichts der Berge aus Schutt und verkohlter Teile nach dem Brand, wie viele Ideen, Handgriffe, Kraftakte, wie viel Geduld, wie viel Glauben an das Unglaubliche in dem Werk steckt, ist unsagbar. Nicht im festlichen Anzug, sondern in Alltagskleidung sieht man sie jetzt bei der Chorprobe zur Wiedereröffnung. Ihr Alltagsgeschäft haben sie gemacht; und die Erfahrung, wie nie vorher angewiesen zu sein auf andere. Alles verloren zu glauben - und dann das Neue zu sehen; das muss göttlich sein. Da kann man nur singen! Ein Wahnsinnskraftakt und zugleich ein unerklärliches Geschenk, nicht ganz von dieser Welt. Ich werde an diese Leute und Notre Dame denken, wenn wir daheim an Weihnachten gemeinsam singen. Vielleicht singen wir ja: "Welt ging verloren, Christ ist geboren. Freue dich, du Christenheit!"
Maria-Anna Immerz / unveröffentlichter Text