Anselm Grün Gedanken zum Tag
Wenn ich meine Lebensgeschichte anschaue, so gab es darin keine auffallenden Brüche, aber doch auch ständigen Wandel.
14. Januar
Dienstag, 14. Januar 2025
Wenn ich meine Lebensgeschichte anschaue, so gab es darin keine auffallenden Brüche, aber doch auch ständigen Wandel: Ich spüre dankbar das, was mich bei allem Wandel durchgetragen hat. Meine Mutter meinte bei allen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, in die auch unsere Familie geraten war: "Man darf nie die Hoffnung verlieren." Die Hoffnung ist für mich gerade in den letzten Jahren immer wichtiger geworden. Von meinem Vater habe ich den Mut und das Vertrauen mitbekommen, etwas zu wagen, etwas auszuprobieren. Ich habe zum Beispiel mit acht Jahren eine Bank gezimmert. Als mein Vater sich darauf setzte, ist sie zusammengekracht. Wir haben beide lachend darauf reagiert. Der Mut zum Ausprobieren ist mir in meinem Leben geblieben. Auch mein Schreiben ist ein ständiges Ausprobieren, ob da etwas Sinnvolles herauskommt. Dieses Spielerische hat mir jede Arbeit erleichtert. Daher fühle ich mich nie gestresst, auch wenn ich viel arbeite. Es ist für mich immer ein Probieren, voller Neugier und auch voller Leidenschaft, etwas Neues zu schaffen, was für die Menschen zum Segen werden kann. (…) Wenn ich auf mein Leben zurückblicke, dann ist das wie ein Roter Faden: Dass ich nie stehenbleiben wollte und auch jetzt weitersuche. Jede Zeit, jede Phase hat ihre Stärken, ihre guten Seiten, ihre Gelegenheiten. Aber auch: Jeder Abschied tut weh. Doch es braucht den Abschied, damit etwas Neues aufbrechen kann. Alles Lebendige muss sich wandeln, damit es lebendig bleibt.
Entnommen aus: Anselm Grün "Was im Leben wichtig ist. Über Glück Sehnsucht und die Kraft der Spiritualität", Herder Verlag, Freiburg 2024