Johanna Haberer Gedanken zur Passionszeit
Das Leiden Christi

06. März
Donnerstag, 06. März 2025
"Du siehst aus wie das Leiden Christi", sagen wir zu einem, der oder die besonders elend und mitgenommen wirkt. Sie sehen aus wie das Leiden Christi. Die Männer und Frauen, diese Geiseln, die derzeit aus den Tunneln der Hamas herausgeschleppt werden und der Öffentlichkeit vorgeführt werden. Sie sehen auch aus wie das Leiden Christi, die Männer, Frauen und Kinder, die derzeit in Gaza durch zerbombte Städte wanken und nach ihren Müttern und Geschwistern graben, die unter dem Schutt begraben liegen. Das Leiden Christi. Man sollte mit dem Leiden der Menschen keine Politik machen. Aber sie werden präsentiert, die Opfer des Terroraktes und die Opfer des Gazakriegs, um Hass zu schüren und Abschreckung. Es gibt Menschen, die Lust haben, sich an der Ohnmacht der anderen zu weiden. Es gibt Menschen, die fühlen sich angesichts solcher Bilder legitimiert auch in Deutschland der Wut Ausdruck zu verleihen: Der Wut der einen oder der anderen Seite. Jesus von Nazareth, der Mann der am Kreuz gestorben ist, war ein Opfer willkürlicher Justiz und ein Opfer des römischen Staatsterrors. Aber die Christen haben den Gekreuzigten nicht deshalb zu ihrem Markenzeichen gemacht. Sondern, dass wir den leidenden Menschen sehen. Dass wir ihn wahrnehmen und mitleiden - ungeachtet jeglicher Religion, Nation, oder politischer Einstellung. Das Leiden sehen, ohne ein schnelles Urteil zu sprechen: das können wir in diesen Tagen der Passionszeit doch lernen.
Johanna Haberer / unveröffentlichter Text