Bayern 2 - Gedanken zum Tag


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Johanna Haberer Gedanken zur Passionszeit

Im vergangenen Jahr habe ich eine Nacht in der Grabeskirche in Jerusalem verbracht.

Stand: 07.03.2025

Gedanken zur Passionszeit | Bild: BR

07 März

Freitag, 07. März 2025

Im vergangenen Jahr habe ich eine Nacht in der Grabeskirche in Jerusalem verbracht. Es dürfen sich nur etwa fünfundzwanzig Menschen über Nacht in dieser Kirche aufhalten. Gegen neun Uhr abends schließen sich die schweren Türen der Kirche. Der muslimische Türwächter zieht eine kleine Leiter durch eine Luke in der Türe, nachdem das obere Schloss von außen zugeschlossen ist und dann ist man für die Nacht eingesperrt. Eine eigentümliche Stimmung breitet sich aus. Hier soll tatsächlich der Ort sein, an dem Jesus gekreuzigt wurde und gestorben ist und wenige Schritte davon entfernt begraben wurde. Die Stadt Jerusalem wurde im Jahr 70 nach christlicher Zeitrechnung von den Römern in Schutt und Asche gelegt. Wahrscheinlich gab es da schon einen Platz, den die frühen Christen besuchten, um sich an ihren Herren zu erinnern. 60 Jahre später im Jahr 134 wurde Jerusalem noch einmal völlig zerstört und die Erinnerung an die Stadt, die für Juden und Christen heilig war, sie sollte vom Erdboden gänzlich verschwinden. Der Name Jerusalem wurde ausgelöscht und die Stadt wurde umbenannt: Aelia Capitolina sollte sie heißen und eine Kultstätte wurde gebaut für Aphrodite, die römische Gottheit der Liebe und ein Tempel für Jupiter, Juno und Minerva. Man wollte die alte Stadt Davids und den gekreuzigten Christus ein für alle Mal vergessen machen. Das ist nicht gelungen. Bis heute wird jede Nacht in dieser Kirche ein großer Gottesdienst gefeiert.

Johanna Haberer / unveröffentlichter Text


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