Claudia Paganini Gedanken zur Fastenzeit
Im Jerusalemer Tempel herrscht reges Treiben: Händler preisen ihre Ware an, Pilger kaufen Opfertiere, Geldwechsler werben um Kunden. Dann mischt sich Jesus ins Geschehen.

24. März
Montag, 24. März 2025
Im Jerusalemer Tempel herrscht reges Treiben: Händler preisen ihre Ware an, Pilger kaufen Opfertiere, Geldwechsler werben um Kunden. Dann mischt sich Jesus ins Geschehen. Er beschimpft die Kaufleute, wirft ihre Tische um, treibt die Tiere mit Geißeln aus dem Tempel. Bei der sogenannten "Tempelreinigung" am Beginn der Passionsgeschichte handelt es sich um eine eindrucksvolle Episode, die in der Fastenzeit nicht umsonst ein beliebtes Predigt-Thema darstellt. Der Fokus liegt in der Regel auf dem gerechten Zorn des Messias über die Kommerzialisierung des Heiligtums. Was nicht in den Blick kommt, sind die Tiere. Als Opfergaben für den Tempelkult gedacht gestehen ihnen die Evangelisten weder die Rolle von handelnden Subjekten zu, noch achten sie auf das Leid, das die Tiere als Objekte des menschlichen Tuns erfahren müssen. Auch Jesus scheint sich nicht darum zu kümmern, ob sich die von ihm aufgescheuchten Tiere verletzen werden, wenn sie nun panisch die engen Gassen des Tempelbergs hinunterrennen.
Viel hat sich seit damals nicht geändert. Nach wie vor werden Tiere von den meisten Menschen als "Ressource" angesehen, für Nahrung, Kleidung oder die Forschung. Ihr Leid spielt keine Rolle. Über ihre Würde nachzudenken, kommt kaum jemandem in den Sinn. Dabei wird es wohl auch diese Ostern bleiben. Das Tier ist gut für den Festtagsbraten, nicht um in der Begegnung mit ihm zu begreifen, was Schöpfungsverantwortung meinen könnte.
Claudia Paganini / unveröffentlichter Text