Bayern 2 - Gedanken zum Tag







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Claudia Paganini Gedanken zur Fastenzeit

Über dem sterbenden Jesus prangt eine mehrsprachige Inschrift: "Jesus von Nazareth, König der Juden".

Stand: 28.03.2025 |Bildnachweis

Gedanken zur Fastenzeit | Bild: BR

28 März

Freitag, 28. März 2025

Über dem sterbenden Jesus prangt eine mehrsprachige Inschrift: „Jesus von Nazareth, König der Juden“. Der römische Statthalter Pilatus hat sie am Kreuz anbringen lassen, jedoch nicht aus Ehrfurcht, sondern um ein Statement abzugeben: Hier endet der Weg eines Mannes, der politisch gefährlich hätte werden können. Die Wahrheit über Jesu Leben und Tod war freilich komplexer. Doch Pilatus reduziert sie auf eine Schlagzeile, mit deren Hilfe er Macht demonstrieren und das Volk beruhigen kann. Das Bild von der Kreuzinschrift lässt sich für die Gegenwart aktualisieren: In der modernen Medienwelt zeigt sich immer wieder, wie Sensationslust und Vereinfachung die Realität verzerren.
Quote lebt von Geschwindigkeit und Dramatik. Daher werden komplexe Zusammenhänge vereinfacht und reduziert, aus Meinungen werden Fakten. Das Problem liegt aber nicht bei den Machern allein, sondern auch bei den Konsumenten, die scrollen, liken und teilen – ohne zu hinterfragen. Urteile werden schnell gefällt, auch wenn sie sich bloß auf Halbwahrheiten oder manipulative Erzählungen stützen.
Und doch ist Wahrhaftigkeit kein Luxus, sondern eine Aufgabe: statt Sensationen Tiefe suchen, statt Schlagzeilen die Geschichten dahinter verstehen wollen. Und es ist eine Entscheidung, langsamer, reflektierter, vielleicht sogar ehrlicher zu sein – für mehr Realität und weniger Verzerrung.

Claudia Paganini / unveröffentlichter Text







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