Susanne Breit-Keßler Gedanken zur Passionszeit
Wir haben Eichhörnchen auf unserem Balkon mitten in der Stadt.

14. April
Montag, 14. April 2025
Wir haben Eichhörnchen auf unserem Balkon mitten in der Stadt. Sie besuchen uns täglich und werden fürstlich bewirtet: mit Haselnüssen, Schnitzen von gelben Rüben und Äpfeln, Rosinen und frischem Wasser. Was sie halt so mögen, unsere kleinen Baumtiger. Wir haben ihnen Namen gegeben und erkennen sie, wenn sie angejagt kommen: an der Fellfarbe, der Größe der Haarbüschel auf den Ohren, an ihren Eigenheiten und Verhaltensweisen. Man merkt, wie gern wir die Viecherl haben. Immer schon hatte ich Sorge, wenn eines von ihnen auffällig ruhig wirkte oder besonders außer sich. Ich wollte einfach nicht erleben, dass so ein Tier bei uns stirbt. Es hat mir schon gereicht, dass manche nach Jahren einfach nicht mehr kamen …. Jetzt aber ist eines vor unserer Balkontür für immer eingeschlafen. Und ein anderes, ganz kleines, ist vom Baum gefallen. Ich war und bin richtig traurig drüber - und weine auch, wenn wir so ein kleines Wesen nicht mehr wiedersehen. Es ist doch nur ein Tier? "Das ängstliche Harren der Kreatur wartet darauf, dass die Kinder Gottes offenbar werden", heißt es im Neuen Testament. Das ist ein liebevoller Blick darauf, dass Mensch und Tier miteinander eng verbunden sind - und wir Verantwortung für alle Geschöpfe haben. Ja, unsere Eichhörnchen sind Tiere. Aber jedes dieser Geschöpfe ist ein Sinnbild dafür, dass dieses Leben, auch unser eigenes, zart und verletzlich ist - und dadurch besonders kostbar. Ich werde also weiter mit unseren Hörnchen lachen - und wenn es sein muss, weine ich um sie.
Susanne Breit-Keßler / unveröffentlichter Text