Bayern 2 - Gedanken zum Tag







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Susanne Breit-Keßler Gedanken zur Passionszeit

Auf dem Bauernmarkt in unserem Stadtviertel vermisse ich eine Landfrau.

Stand: 15.04.2025 00:01 Uhr |Bildnachweis

Gedanken zur Passionszeit | Bild: BR

15 April

Dienstag, 15. April 2025

Auf dem Bauernmarkt in unserem Stadtviertel vermisse ich eine Landfrau. Ich kaufe sonst immer bei ihr ein. Heute steht ihr Mann alleine am Stand. Oh je! Die Bäuerin ist seit Langem in Sorge um ihren schwerkranken Papa. Ob etwas passiert ist? Der Bauer wundert sich nicht, als ich frage: "Warum bitte ist Ihre Frau heute nicht da?" "Der Babba is gschtorm", sagt er knapp. Der alte Bauer hat den Kampf gegen seine Krankheit verloren. "Mein aufrichtiges Beileid", sage ich. Und: "Es tut mir so Leid." Eine Kundin, die unser Gespräch angehört hat, schließt sich an: "Ach je, ihr Armen. Überall sterben Leute. Nur noch Beerdigungen!" "Ach je, Ihr Armen." Das ist echtes Mitgefühl. "Überall sterben Leute" - damit kann ich gar nichts anfangen. In Zeiten, in denen ich trauere, helfen mir Verallgemeinerungen nichts. Es geht nicht um Leute, sondern um individuellen Verlust. Vater oder Mutter sind gestorben, der Partner, die Frau, der Freund, ein Kind …. Das ist so persönlich, wie es nur sein kann. Ich bedaure, dass ich keinen besseren Moment abgewartet habe für meine Frage. Und ich überlege vielleicht machen der Dame die Todesfälle so zu schaffen, dass sie den Kummer einfach nicht an sich heranlassen will? Ich lasse mal besser ab von meinem Grant. Und ich wünsche dieser Frau aufrichtige Anteilnahme. Eine, die ihr bei eigenen Verlusterfahrungen hilft. Damit es ihr irgendwann leichter fällt, wirklich einfühlsam zu sein.

Susanne Breit-Keßler / unveröffentlichter Text







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