Bayern 2 - Hörspiel


1

Laudatio Bischof: Baba

Stand: 11.10.2011 | Archiv

"Gewiss, ein ´flashback` im Angesicht des Todes. Ein junges Leben geht zu Ende und lässt das Erlebte in einem wundersam unangestrengten Monolog Revue passieren. Ist hier ein letzter Monolog nicht zugleich auch ein erster? Baba – ein Name so vieldeutig wie rätselhaft - nimmt Abschied von einem Leben, von seiner Kindheit, die ihm all das gezeigt hat, was das Leben lebenswert macht. Es muss eine schöne Kindheit gewesen sein, wenn seine Welt der Zirkus, der Zirkus seine Welt war. Er ist durch diese Welt gelaufen, er hat den Himmel gesehen, er hat sich gefangen nehmen lassen und die Sehnsucht kennen gelernt, er hat Lulu, die Seiltänzerin gefunden und zur Prinzessin seiner Träume erkoren. Was braucht man mehr, um in der Welt der Erwachsenen nicht vor die Hunde zu gehen - oder im Angesicht des Todes nicht zu verzweifeln. Auch wenn die Liedreminiszenz Dann trink ma noch a Glaserl Wein, das Wissen des Erwachsenseins um Verlorenes in Sentimentalität ertränkt und damit die direkte und schmerzhafte Sehnsucht eines Gustav-Mahler-Musik-Zitats erfolgreich verdrängt, das schwarze Loch, in das Baba fällt, ist nicht sein Ende. Davon erzählt die unaufgeregt-kommentierende Sprache, ein Hinweis, dass Baba nicht mehr Kind sein darf, weil er, ohne sich dagegen wehren zu können, bereits auf Distanz zu sich selbst gegangen ist. Denn sind die Schläge, die Baba einstecken muss, wirklich der befürchtete Schlusspunkt oder eröffnen sie eine Perspektive auf ein Leben unter neuen Vorzeichen, jenseits der Kindheit? Baba gehört jetzt mit seinen 18 Jahren zu den Erwachsenen. Er ist bestens gerüstet, die Zirkusatmosphäre mit ihrer Poesie, ihrer Verzauberung, ihrem Fremden, ihrem Humor und ihrer Geborgenheit, die er sich in den ersten 17 Jahren seines Lebens in sich aufgesogen hat, nicht zu verlieren. In diesem Fall mag man ihm Willkommen im Club zurufen, dem unglücklich–glücklichen Baba der ab jetzt vielleicht Wolfgang heißen, seinen eigentlichen Namen aber nie verraten wird."

Prof. Cornel Franz, Leiter des Studiengangs Regie der Bayerischen Theaterakademie August Everding und der Hochschule für Musik und Theater München


1