Laudatio Fritz:7 Uhr Jandl
"Sieben Schläge einer Uhr, der Tag beginnt, der Tag klingt aus. Hier binich. Und wie vermisst sich vom Ich aus die Welt?Die Uhr tickt. Eine Schreibmaschine klappert, vereinzelt, buchstabenweise. Die Welt besteht aus Dingen, die nahe, und Menschen, die fern sind. Notwendig sieht sich das Ich im Mittelpunkt der Welt. Zumal das Lyrische Ich. da sitze ich / um ein gedicht zu machen, tippte Ernst Jandl in seine Schreibmaschine vor bald einer Menschengeneration. Auf dieser Schreibmaschine spielte er Buchstabenspiele ebenso wie das Spiel der neuen Mündlichkeit, der Akustik, der Radiowelt: Laut und Luise.Dam-da-di, dam-da-di... – eine einfache Melodie, gesummt, auf der Gitarre gezupft, begleitet das gesprochene Wort, das Dinge und Namen und Entfernungen nennt. Hier bin ich und vor mir das Mikrophon. Die Melodie erschafft den Gleichmut einer Stimmung, die gleichzeitig leicht und schwer sein kann, beschwingt wie ‚mit Musik’ eben, oder trübselig wie manchmal das Einerlei der Tage (Scheiße ist das Leben, die Liebe, die Kunst, Scheiße bin ich, lautet eine der letzten Aufzeichnungen Jandls).Obwohl die Uhr tickt, gehört sie nicht der verstreichenden Zeit. Das Geplänkel im Ganzen entrückt vielmehr der Zeit. Für drei Minuten, die dafür jede Eloge wert sind."
Prof. Bernhard Dotzler, Ordinarius für Medienwissenschaft an der Universität Regensburg