Country für immer Ramblin Jack Elliott
Er spielt einfach immer weiter. Ramblin Jack Elliott interpretiert schon sein ganzes Leben alte Countrysongs und hat den gleichen Ziehvater wie Bob Dylan 80 Jahre ist er alt und steht mit Cowboyhut und Gitarre auf der Bühne.
Nein, Jack Elliott hat seinen Beinamen "Ramblin' nicht nach dem Song RAKE & RAMBLIN' BOY erhalten, obwohl er ihn gerne spielt: Die Mutter der Folksängerin Odetta soll einst über den jungen Jack gesagt haben: "This Jack Elliott, he sure can ramble", was so viel heißt wie "Also dieser Jack Elliott, der kriegt seine Klappe aber auch nicht zu". Was für den nun 80 Jahre alten Rambler immer noch gilt. Hier seine Lebensgeschichte im Schnelldurchlauf:
Jack wird 1931 als Sohn eines New Yorker Arztes geboren, weigert sich aber, in die Schule zu gehen und seinem Vater nachzufolgen. Mit 14 haut er von zu Hause ab und schließt sich einer Rodeo-Show an, lernt dort Gitarre spielen, wird wieder eingefangen, wartet daheim ab, bis er 19 ist - dann kauft er sich einen Cowboyhut und zieht bei Familie Guthrie ein, mit deren unstetem Oberhaupt Woody er Beatnik-artige Reisen quer durch das Land unternimmt, von Kalifornien bis Florida. So stark ist der Einfluss Guthries auf den jungen Jack Elliott, dass erster schließlich sagt: "Er klingt mehr nach Woody Guthrie als ich selber."
Für Ramblin' Jack Elliott stand aber nie Sozialismus und Klassenkampf im Zentrum seines Tuns: Wir erinnern uns, er ist ein Arztsöhnchen mit einem Traum vom Cowboyleben, das er nur aus Heftromanen und Hörspielen kannte. Er wird wohl nie nach einem mystischen Amerika der einfachen Hinterwäldler gesucht haben wie die Kinder des Folk-Revivals ein Jahrzehnt später, denn die romantischen Chimären des Country haben ihm stets gereicht: Jack war und ist ein Nashville-Fan.
Mitte der 50er Jahre heiratet Ramblin' Jack Elliott ein erstes Mal und geht mit seiner Liebsten nach Europa, wo er mehr als fünf Jahre bleiben wird. Er zieht dort durch die Städte Frankreichs, Italiens und vor allem Englands mit seiner Gitarre, präsentiert sich als liebenswerter Ami, der gerne und unentwegt Geschichten erzählt und infiziert dadurch verbürgtermaßen Mick Jagger oder Eric Clapton mit dem Country-Virus…
Bereits in Europa entstehen Schallplattenaufnahmen, aber erst nach seiner Rückkehr in die USA nimmt Ramblin' Jack Elliott ernsthaft auf, zuerst eine LP mit Liedern seines Lehrmeisters Guthrie, danach eine, die "Country Style" heißt.
Bei dieser Rückkehr in die USA findet Elliott mehrerlei vor, das für ihn neu war: eine boomende Folk-Gemeinde in Boston und Manhattan und eigentlich im ganzen Land, ein ernstes Interesse an Politik und Bürgerrechten, ein Land, das gerade in den Vietnam-Krieg verwickelt wird - und einen sterbenden Woody Guthrie, an dessen Krankenbett ein junger Mann sitzt, der seine Stelle als Adoptivsohn eingenommen hat: Bob Dylan. Dylans Qualität wird darin bestehen, Protest und Folk mit Pop und Rock zu versöhnen und die Musik auf eine neue Ebene zu hieven. Ramblin’ Jack wird immer der verlässlichere Interpret der alten Lieder bleiben…
Wenn Dylan Platten mit alten Liedern aufnimmt, dann nennt er sich selbst im Geiste der Pop Art als Autor. Berühmt aber ist er vor allem für seine eigene Art zu dichten und zu singen. Ramblin’ Jack Elliott dagegen hat fast nur Fremdkompositionen aufgenommen, manche ein halbes Dutzend Mal. Er schreibt dazu:
"Oft werde ich gefragt, warum ich keine neuen Lieder schreibe, sondern immer wieder dieselben Songs singe. Es stimmt, meine Lieder sind uralt und ich singe sie schon ewig. Aber sie sind gut und werden vermutlich auch ewig gut bleiben."
Ramblin’ Jack Elliott wird nie vom Folkboom der 60er Jahre profitieren: Er reist unstet durch die Lande, singt und spielt und redet, beeinflusst einen Pete Seeger, Jerry Garcia, Jerry Jeff Walker, Townes Van Zandt und bleibt eine unbekannte Größe mit wenigen eigenen Plattenaufnahmen. Mitte der 70er Jahre begegnen wir Jack in Dylans Film "Renaldo & Clara" und reist mit dessen Rolling Thunder Revue.
Trotzdem: Bis weit in die 90er Jahre hinein verschwindet Ramblin' Jack Elliott vom Radar der Popwelt. Erst das Dank Johnny Cash und Bob Dylan neu erwachte Interesse an Americana und einem gediegenen Alterswerk bringen um 1995 auch Ramblin' Jack zurück: Seither ist er viermal für den Grammy nominiert worden, hat ihn zweimal gewonnen und seine Platten produziert John Henry mit allen großen Namen der amerikanischen Musikszene als Gäste, z.B. Corinn Tucker, Flea, Loudon Wainwright. Den Anfang dieses verdienten Comebacks bildet das Album "South Coast".
2009 wurde Ramblin' Jack Elliott an der Hüfte operiert, aber nichts desto trotz ist er immer noch auf Tournee - zu seinem 80. Geburtstag wünscht der Nachtmix alles Gute und wer wissen will, wie es ihm geht, der höre sich die Neuaufnahme des "Arthritis Blues" von 2009 an...