Bargeld unerwünscht? Schwedens Weg in die Plastikkarten-Zukunft
Als Vorbild für eine "cashless society" wird gern das Königreich Schweden präsentiert, wo inzwischen fast die Hälfte aller Banken kein Bargeld mehr entgegennimmt und auch keines mehr ausgibt. Doch so reibungslos verläuft die Transformation nicht. Denn erstens ist das Bargeld dort noch lange nicht abgeschafft, und zweitens ringen Verbraucher mit den Nachteilen des rein digitalen Bezahlens.
Während die junge Generation ohne zu zögern jede Kleinigkeit per Karte bezahlt oder via App auf dem Mobiltelefon, wehren sich die Älteren zusehends gegen den um sich greifenden Kartenzwang.
Am lautstärksten ist der ehemalige Reichspolizeichef Björn Eriksson aktiv. Mit der von ihm gegründeten Organisation Kontantupproret ("Der Bargeld-Aufstand") setzt er sich nicht gegen das Bezahlen mit Kreditkarte zur Wehr, sondern kämpft für den Erhalt des Bargeldes. "Wir haben inzwischen die geringste Anzahl an Geldautomaten in Europa, abgesehen von Tschechien", berichtet er und sieht darin ein systemisches Vorgehen.
"Die Banken wollen uns zwingen umzusteigen, weil sie, sobald das Bar-bezahlen umständlich genug ist, ihre Gebühren anheben können. Sie wollen 18 Prozent Rendite erwirtschaften."
Björn Eriksson gründete 'Der Bargeld-Aufstand'
Die schwedischen Einzelhändler, Restaurant- und Kioskbesitzer, Reparaturdienste, Friseure oder Bäckereien immer stärker unter Druck. Weil nahezu jede zweite Bank kein Bargeld mehr annimmt, werden sie ihre Tageseinnahmen kaum noch los. Es sei denn, sie unterziehen sich einem mühsamen Deklarations-Prozess, in dem sie die rechtmäßige Herkunft des Bargelds nachweisen und versichern, dass es sich nicht um Schwarzgeld handelt. Den in etwa gleichen Prozess können auch Privatpersonen erleben. Beispielsweise, wenn eine Großmutter ihrem Enkelkind umgerechnet 200 Euro schenken möchte oder wenn ein Verein für den nächsten Ausflug gesammelt hat und das Geld bei der Bank deponieren will. Klaus Betz war in Stockholm unterwegs und hat mit Hotdog-Verkäufern, Straßenhändlern und Finanzexperten gesprochen.