Bayern 2 - Notizbuch


9

Mit Meerrettich von Tür zu Tür Die Tradition der hausierenden Krenweiber

Einst schleppten sie kiloschwere Körbe mit Meerrettich von Haus zu Haus: Die sogenannten Krenweible, so der fränkische Spezialbegriff für diese Hausiererinnen, die es nicht mehr gibt. Kren bedeutet Meerrettich. Überhaupt ist der uralte Vertriebsweg des fahrenden Händlers ein Thema, das selbst die Wissenschaft kaum untersucht hat.

Stand: 18.12.2012 | Archiv

Als Krenweible zu arbeiten war ein Knochenjob. Stundenlang trugen die Krenweiber und Kren-Männer ihre schweren Körbe mit sich, um um erfolgreich die würzigen Meerrettich-Stangen verkaufen zu können. Pfiffig und geschäftstüchtig mussten sie sein, erinnert sich eines der letzten Krenweiber, die inzwischen über 80-jährige Gretel Frank aus Heroldsbach im Landkreis Forchheim. Schon ihre Großmutter und ihre Mutter zogen mit den Meerrettich-Körben übers Land.

"So sind wir von Haus zu Haus marschiert -von der Stadtmitte bis raus gelaufen, denn die Straßenbahn hätte 25 Pfennig gekostet. Und der Korb war so schwer. Früh um sechs raus bis abends, aber die Leute haben sich gefreut. [...] Wir haben uns geplagt für 4 Mark am Tag, die haben wir hundertmal gezählt, es, waren Pfennigpreise. Das macht kein Mensch mehr, aber wir waren zufrieden."

Gretel Frank, Krenweible

Angewiesen auf fliegende Händler

Noch vor 40 Jahren waren solche Hausierer ein wichtiger Faktor der Versorgung auf dem Land. Viele Dörfer lagen zu weit entfernt von Ladengeschäften, um ohne fahrende Händler auskommen zu können. Noch in den 70er Jahren waren allein rund um Baiersdorf über 100 Meerrettich-Händler unterwegs. Heinrich Fuchs aus Röttenbach bei Erlangen ist einer der letzten. In seinem Korb trug er früher außer Meerrettich auch noch Gewürze, Tee und Kräuter zur Kundschaft.

"Es gab keine Supermärkte, nur Tante Emma, die hatte aber auch nicht alles vorrätig. Wir wurden empfangen wie die Könige, also haben wir alle acht Wochen die Tour gemacht."

Heinrich Fuchs, Krenmann

Ein Denkmal im Merrettich-Museum

Heute sind diese Zeiten längst vorbei. Doch vergessen sind die hausierenden Merrettich-Händler nicht, dafür sorgt unter anderem das Meerrettich-Museum der Firma Schamel. Die Fabrik in Baiersdorf im Landkreis Erlangen-Höchstadt ist Bayerns erste Meerrettich-Fabrik. Hanns-Thomas Schamel ist Inhaber in fünfter Generation und kennt die Krenweible noch aus seiner Jugend.

"Krenweible waren Bauersfrauen, die im Winter in ganz Deutschland herumzogen, früher mit der Postkutsche, dann mit der Eisenbahn. Ging ihnen der Vorrat aus, haben sie sich Meerrettich nachschicken lassen."

Hanns-Thomas Schamel, Firma Schamel

Inzwischen hat er ihnen als Chef seiner Meerrettich-Firma ein Denkmal gesetzt. Im Merrettich-Museum steht da in fränkischer Tracht eine lebensgroße Figur mit dem Korb auf dem Rücken.

Weitere Informationen zum Meerrettich-Museum

Schamels Meerrettich-Museum
Judengasse 11
91083 Baiersdorf
Telefon: 09133 / 60 30 40
Öffnungszeiten: März bis November Samstag + Sonntag 10.30 – 17.00 Uhr
Gruppen jederzeit nach Voranmeldung


9