„Der Graf von Monte Christo“ sprengt alle Konventionen: Auf über 1.500 Seiten erzählt Alexandre Dumas von einem jungen Mann – Edmond Dantès –, der als junger Seemann hoffnungsvoll ins Leben startet und just als er heiraten und aufsteigen soll, Opfer einer Intrige wird. Er gerät in Gefangenschaft, kann sich nach Jahren wieder befreien, einen Schatz bergen und als enorm vermögender Mann in die französische Gesellschaft zurückkehren. Und Rache nehmen.

Als Abenteuer- und Racheroman ist dieses Buch in die Literaturgeschichte eingegangen, auch als Schatz für historisches Wissen. Der Schriftsteller Joshua Groß erkennt aber mehr darin: ein Buch, das von Trauer erzählt, und die große ethische Frage verhandelt, ob Rache eigentlich „gelingen“ kann. Ob sie sich gut anfühlen oder immerhin emotionslos verübt werden kann, oder ob Rache doch nur mehr Leid bedeutet und niemandem Erleichterung bringt.

Immer wieder stößt Joshua Groß in seiner Lektüre auf die Frage nach unserer Zeit: Wer könnte der Graf von Monte Christo heute sein, was wäre das für eine Figur, fragt er sich. „Ich hab mir ganz oft gedacht, dass er eigentlich eine Figur wie Elon Musk oder Jeff Bezos ist. Weil er so reich ist, dass er den staatlichen Grenzen und auch der staatlichen Einflussnahme enthoben ist.“

Der Schauspieler Dietmar Mues liest in der Regie von Ulrich Maske – in einer Produktion des Norddeutschen Rundfunks – aus dem Roman „Der Graf von Monte Christo“, erschienen in deutscher Übersetzung in verschiedenen Verlagen, u.a. im Arena Verlag und bei dtv. Die Romane von Joshua Groß erschienen bei Matthes & Seitz.
Moderation: Marie Schoeß.

In einer Sommer-Reihe im Bayern 2-Podcast „Buchgefühl – reden und lesen“ sprechen Schriftstellerinnen und Schriftsteller über klassische Texte. In der nächsten Folge erzählt Dagmar Leupold über Heinrich von Kleist.