Nico Holonics und Wolfgang Pregler lesen Erich Kästner: Fabian
Rausch und Rage erobern Berlin – Jakob Fabian will da nicht mitschwimmen. Doch zu welchem Preis? Nico Holonics liest Kästners Satire von 1931 unzensiert und ungekürzt – zum 125. Geburtstag Kästners bestürzend aktuell.
Erich Kästner: Fabian
Unzensiert und ungekürzt gelesen von Nico Holonics und Wolfgang Pregler
Hörbuch-Podcast von Bayern 2 in 9 Folgen
Start Stand Alone Podcast:
Dienstag, 13. Februar 2024 in der ARD Audiothek
Sendungen immer dienstags und donnerstags auf Bayern2
ab 13. Februar bis 12. März, 21.05 Uhr -22.00 Uhr
sowie am Sonntag, 18. Februar, 12.30 Uhr in den radioTexten:
Gespräch zu 125 Jahre Kästner mit dem Experten Sven Hanuschek
"Die Vernünftigen werden nicht an die Macht kommen, sagte Fabian, und die Gerechten noch weniger.
So? Labude trat dicht vor den Freund und packte ihn mit beiden Händen am Mantelkragen.
Aber sollten sie es nicht trotzdem wagen?"
(aus „Fabian“ von Erich Kästner)
Berlin, 1930: Jakob Fabian, Germanist und Werbetexter, will nicht mitschwimmen auf der Trendwelle der aufsteigenden extremen Parteien, während Gewalt und Exzess, Inflation und Armut die junge Weimarer Republik schwächen. Der junge Skeptiker wartet auf den „Sieg der Anständigkeit“, allerdings wie ein „Ungläubiger auf Wunder“. Fabians ironische Distanz ist Stoff diverser Bar-Diskussionen mit seinem besten Freund Labude - der, unfreiwillig reich und politisch links, seinem Freund ein Lebensziel „einpflanzen“ will. Kurz nach der ersten Nacht mit seiner großen Liebe verliert Fabian seinen Job. Doch was ihn härter trifft, ist der Brief, den ihm Cornelia bald hinterlässt. Um sie beide „aus dem Dreck“ zu holen, will sie sich in eine Schauspielkarriere stürzen und verkauft sich indirekt an den Filmproduzenten. Prekäre Zeiten, nicht nur für die Liebe.
"Und was kommt nach dem Untergang?
Fabian pflückte einen kleinen Zweig, der über ein Gitter hing, und gab zur Antwort: Ich fürchte, die Dummheit.
In der Stadt, aus der ich bin, ist die Dummheit schon eingetroffen, sagte das Mädchen. Aber was soll man tun?
Wer ein Optimist ist, soll verzweifeln. Ich bin ein Melancholiker, mir kann nicht viel passieren… Ich sehe zu und warte."
(aus „Fabian“ von Erich Kästner)
Kästner-Jahr 2024 (125. Geburtstag und 50. Todestag)
"Kästners Werk ist lebendig wie kaum eines seiner Generation."
(Sven Hanuschek, Kästner-Biograf)
Dekadenz, politische Radikalisierung, Vertrauensverlust der Regierung, prekäre Arbeitsverhältnisse, Fantasien vom Untergang Europas: Momentan zieht man gern Parallelen zwischen der Weimarer Republik und unserer Gegenwart. Und doch herrschten ganz andere gesellschaftliche Missstände, als Kästners wichtigster Roman „Fabian. Die Geschichte eines Moralisten“ 1931 erschien, insbesondere nach dem Börsencrash 1929. In diesen Jahren segelte der Dresdner Autor allerdings auf einer Erfolgswelle, war berühmter Kinderbuchautor (Emil und die Detektive, 1929), anerkannter Lyriker (Herz auf Taille, 1928), schrieb für das neue Medium Rundfunk, für Zeitungen, Zeitschriften und die Bühne: Bis 1933 waren es Tausende publizistische Arbeiten. Mit dem Regimewechsel war Kästner ein verbotener, verbrannter Autor. „Fabian“ war als „dekadente Asphaltliteratur“ auf dem Berliner Opernplatz in Flammen aufgegangen. Und das war die zensierte Fassung gewesen, die der damalige Verlag publiziert hatte. Erst 2013 hat Kästner-Experte Sven Hanuschek den „Fabian“ so herausgegeben, wie ihn der Dresdner Schriftsteller (1899-1974) geplant hatte, unter dem ursprünglich vorgesehen Titel „Der Gang vor die Hunde“: mehr Sex, ja, aber vor allem ist diese Urfassung die politisch schärfere Satire, eine Warnung vor Bürgerkrieg und Gleichgültigkeit und ein Aufruf zur Vernunft – auch Letzteres ein wunder Punkt, der seine Aktualität auch 50 Jahre nach Kästners Tod nicht verloren hat.
„Fabian“ in der ARD-Audiothek und in den radioTexten ab 13. Februar
Erich Kästner: „Fabian“
Unzensierte Fassung
Herausgegeben von Sven Hanuschek unter dem Titel: „Der Gang vor die Hunde“ erschienen im Atrium Verlag
Gelesen von Nico Holonics und Wolfgang Pregler
Ton und Technik: Fabian Zweck und Susanne Harasim
Regie: Antonio Pellegrino
Produktion: Bayerischer Rundfunk 2014
Redaktion: Kirsten Böttcher