Helga Schütz Von Gartenzimmern und Zaubergärten
Zwischen griechischer Mythologie und Brandenburger Pferdemist: Helga Schütz, die Babelsberger Schriftstellerin mit dem grünen Daumen, erzählt in ihrem neuen Buch von der Farbkraft der Tulpenmagnolie bis zum Märchenhaften der Nachtkerze, kombiniert ihre Expertise als leidenschaftliche Landschaftsgärtnerin mit autobiografischen Anekdoten. Annette Wunsch liest diesen inspirierenden und zugleich erdenden Ausflug durch die eigenwilligen Welten von Botanikern, Blütenmeeren und Bindedrahtresten.
"Im Park von Sanssouci, am Fuß der Pergola von Schloss Charlottenhof, da steht sie. Ich wandere hin, wenn ich wieder einmal sehen will, was ich mir wünsche. Sie ist mein Traum. Im Winter ein kräftig graues Geäst, mit prallen vielversprechenden grünspanfarbenen Knospen, dahinter das schlicht anmutende Gemäuer des Schlosses. Magnolia x soulangeana."
(Helga Schütz)
„Magnolia x soulangeana“, „Gloria Dei“, „Oenothera biennis“ - geheimnisvolle Blumennamen, anhand derer man auch ein Stück Weltgeschichte erzählen kann. Beispielsweise die Geschichte der Rose "Gloria Dei", die unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in ganz Europa gezüchtet wurde, aber nationenabhängig unterschiedliche Namen trug. In den USA beispielsweise wurde die gelbe Blume am 29. April 1945, am Tag des Sturmes der sowjetischen Armee auf Berlin, auf den Namen "Peace" getauft. Bei der ersten Vollversammlung der United Nations bekam jeder Delegierte eine "Peace"-Rose überreicht.
In ihrem neuen Buch "Von Gartenzimmern und Zaubergärten" changiert die Schriftstellerin und Gärtnerin zwischen Geschichte(n) und Gewächs, zwischen persönlichen Erinnerungen und präziser Pflanzenexpertise, zwischen antiker Philosophie und handfestem Erdreich. Die mittlerweile 82-jährige, in Babelsberg lebende Autorin hatte lange Zeit als Landschaftsgärtnerin gearbeitet, bevor sie zu schreiben begann. So erzählt sie mit der Souveränität einer Naturliebhaberin, die seit ihrer Jugend weiß, dass ein Garten nicht von Natur aus hübsch und anmutig, sondern stets auch anstrengend und fordernd ist.
Gärtnerglück, Gärtnerfrust
"Sieben Nachtkerzen haben in diesem Jahr geblüht. Ungefähr wie in alten Zeiten, als die Nachtkerze noch eine geschätzte Gartenpflanze war, magische sieben, so wie es im Märchen von der verzauberten Prinzessin sein musste."
(Helga Schütz)
Ihre Texte zelebrieren das Wesen der Pflanzen in ihrer Schönheit und Einzigartigkeit, offenbaren ihre Demut vor der Natur. Denn trotz aller Schönheit: das Leben einer schreibenden Gärtnerin ist auch ein ständiger Wechsel zwischen Frust- und Glückszuständen, für die frau immer wieder den Rücken krumm machen muss. Der Garten, Meister der Überraschungen, öffnet auch die Augen für den Gang des Lebens.
"Jeder Baumliebhaber, ich würde sagen, jeder Mensch, kennt irgendwo in einem Park oder im Garten der Nachbarschaft eine Magnolie, mit der er sich schon über Jahre hin in Freundschaft verbunden fühlt. Man möchte jedes Mal einen Fotoapparat bei der Hand haben oder der Maler Gauguin sein, wenn sie im Frühjahr blüht."
(Helga Schütz)
In aller Kürze : Helga Schütz
Helga Schütz wurde 1937 in Falkenhain/Schlesien geboren, 1944 musste sie nach Dresden umsiedeln. Nach einer Gärtnerlehre arbeitete sie als Landschaftsgärtnerin. Danach studierte sie an der Hochschule für Filmkunst in Potsdam-Babelsberg und schloß als Diplom-Dramaturgin ab. Schütz schrieb erfolgreiche Drehbücher und Szenarien für Spiel- und Dokumentarfilme. Seit 1962 ist sie freie Autorin, 1993 erhielt sie eine Professur für Drehbuchschreiben an der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam. Helga Schütz erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen. Zuletzt erschienen sind "Dahlien im Sand. Mein märkischer Garten" (2002), der Roman "Knietief im Paradies" (2005), "Sepia" (Roman, 2012), die Erzählung "Die Kirschdiebin" (2017), "Von Gartenzimmern und Zaubergärten" (2020).
„Von Gartenzimmern und Zaubergärten“
von Helga Schütz
Lesung mit Annette Wunsch am 30. Juni in den radioTexten am Dienstag um kurz nach 21.00 Uhr auf Bayern2
Das Buch mit Illustrationen von Nils Hoff ist im Aufbau Verlag erschienen.
Moderation und Redaktion: Antonio Pellegrino
Unsere Lesungen können Sie immer und überall nachhören: auf dieser Seite im Stream, als Download im Podcast-Center des Bayerischen Rundfunks und überall, wo es Podcasts gibt.