Zwei Jahre. So viel Zeit geben die Europäischen Verträge jenen Staaten, die aus der EU ausscheiden wollen. Im Fall von Großbritannien könnte der Brexit aber um einiges länger dauern. Denn bislang hat die britische Regierung formal kein Austrittsgesuch bei der EU-Kommission gestellt. "Ich nehme an, sie lassen sich Zeit", meint ein Diplomat mit Blick auf die Briten. "Wenn Sie auf den Knopf drücken, sind Sie in einer ganz dummen Verhandlungsposition." Denn dann ticke die Uhr, die im Vertrag vorgegebenen zwei Jahre seien eine vergleichsweise kurze Zeit.

Premier Cameron hat nun bestätigt, dass man vorerst noch keine formalen Gespräche über den Brexit führen wolle. Bei einer Rede im Unterhaus sagte er, man wolle sich zunächst über die zukünftige Beziehung zur EU einig werden. Die Erwartung lautet, dass London Zusicherungen für sein künftiges Verhältnis zu Europa anstrebt, bevor es die Austrittsprozedur anschiebt. Wie das funktionieren soll, ist völlig unklar, denn die Europäer wollen ohne eine förmliche Anmeldung überhaupt nicht verhandeln - auch nicht im Hinterzimmer.

Nachfolge Camerons bis zum 2. September

Wer auf den scheidenden Premier Cameron folgen soll, ist bislang unklar. Lediglich einen groben Zeitplan gibt es inzwischen: Bis zum 2. September wollen die konservativen Tories einen Nachfolger gefunden haben. Cameron hatte nach dem Nein der Briten zu einem Verbleib ihres Landes in der Europäischen Union (EU) seinen Rücktritt bis Oktober angekündigt und erklärt, eine formale Austrittserklärung obliege dann seinem Nachfolger.

Der ehemalige Londoner Bürgermeister Boris Johnson gilt bei vielen als Favorit für den Posten. Seine Kandidatur für den Tory-Vorsitz hat er bislang aber noch nicht erklärt. Als Unterstützer Johnsons hat sich bereits der Tory-Abgeordnete Nick Boles geoutet, obwohl er selbst für den EU-Verbleib war:

Schottland bereitet zweites Unabhängigkeitsreferendum vor

Das  politische Nachbeben erschüttert aber nicht nur London, sondern auch Edinburgh: Dort bereitet die schottische Ministerpräsidentin Nicola Sturgeon von der SNP ein zweites Unabhängigkeitsreferendum vor, um Schottland in der EU zu halten; sie droht überdies mit einem Veto des Parlaments in Edinburgh gegen einen Brexit – und will sich in Sachen EU nichts aus Westminster diktieren lassen:

Wie Schottland hatte auch Nordirland mehrheitlich gegen den Brexit gestimmt. Dort fordert die republikanische Partei Sinn Finn bereits ein Referendum über die Vereinigung mit der Republik Irland. Elisabeth II. und Prinz Philip sind just heute zu einem Besuch in Belfast; zum Brexit äußern dürfte sich die Queen aber nicht.