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Reformation um die Ecke gedacht Wie Luther das Kirchenlied erfand

Vor der Reformation gab es das klassische, von der Gemeinde gesungene Kirchenlied nicht. Erst Luthers Idee vom Priestertum aller Gläubigen hat es ermöglicht, dass in der Kirche alle mitsingen. Luthers Credo war sogar, wer singt, betet doppelt. Übrigens stammt ein großer Teil der echten "Klassiker"von Luther selbst, zum Beispiel "Vom Himmel hoch, da komm ich her" oder "Eine feste Burg ist unser Gott".

Von: Barbara Weiß

Stand: 24.10.2016

Liedtafel mit Gesangbuchnummern | Bild: colourbox.com

Das Lied "Eine feste Burg ist unser Gott" – war sozusagen die Marseilleise des Reformationsliedguts. Ein echter Schlager, aus der Feder von Martin Luther selbst. Auch heute ist es noch ein beliebtes Kirchenlied, berichtet der Münchner Kirchenmusiker Andreas Handtke:

"Die Klassiker werden immer noch rauf und runter gesungen. Das sind auch Klassiker, weil sie klasse sind, die haben sich durchgesetzt über Jahrhunderte und daher haben sie auch einen wichtigen Wert"

, Andreas Handtke, evangelischer Kirchenmusiker.

Für mehr als 40 Lieder hat Martin Luther den Text gedichtet. Und zwar auf deutsch.

Wer singt, betet doppelt - und zwar in seiner eigenen Sprache

Und nicht auf lateinisch, in der Sprache, die zur Zeit der Reformation im Gottesdienst benutzt wurde. Das war neu. Martin Luther kann daher als der Begründer des deutschen Kirchenlieds gelten.  

"Die Musik ist eine Gabe und ein Geschenk Gottes. Sie vertreibt den Teufel und macht die Menschen fröhlich. Sie ist die beste Labsal für einen betrübten Menschen"

Martin Luther

Bei einigen wenigen komponierte der Reformator sogar die Melodie wie zum Beispiel von "Nun freut euch, lieben Christenmein" aus dem Jahr 1523. Kirchenlieder waren für ihn beides, Theologie und Ausdruck des Glaubens, weiß Musikpädagoge Thomas Nowack.

"Dass die reformatorischen Einsichten nicht nur die Köpfe sondern die Herzen erreichen. Vorher war das Singen nur den Priestern oder einer Schola vorbehalten und jetzt kann man aktiv mitsingen"

Thomas Nowack, Musikpädagoge.

Martin Luther wollte, dass alle singen. Er wollte der Gemeinde eine Stimme geben. Im Gottesdienst der jungen Kirchen der Reformation wurde daher nicht nur lang gepredigt, sondern auch viel gesungen.

Luther-Lieder - Gassenhauer für den Glauben

"Dem Volk aufs Maul schauen" – das war nicht nur beim Bibelübersetzen Luthers Motto, sondern auch beim Singen. Als Vorlagen für seine Lieder verwendete er oft Volkslieder und bekannte Melodien.

"Musik die damals gut ankam, die hat man auf der Straße gehört. Der berühmte Gassenhauer und dann hat man die Melodie genommen und einen geistlichen Text drauf und das dann in der Kirche gesungen"

, Thomas Nowack.

Luther schrieb somit sozusagen die erste evangelische Popularmusik.  Und brachte damit die Kirchenmusikszene der damaligen Zeit in Bewegung. Priestergesang war jetzt out. Lieder wie "Ein neues Lied wir heben an" in. Beliebt  auch "Vom Himmel hoch, da komm ich her". Dieses Lied hat der große Reformator übrigens für seine Kinder geschrieben. Die Melodie stammt von einer volkstümlichen Weise, einem Trinklied.

Luther - nicht nur wort- sondern auch stimmgewaltig

Luther selbst sang leidenschaftlich gerne. Man nannte ihn auch die Wittenbergische Nachtigall. Sein Credo war, wer singt, betet doppelt. Vielleicht kann man sogar sagen. Dreifach. Vierfach. Meint zumindest Thomas Nowack vom evangelischen Popularmusikverband. Dazu spielte der Reformator Laute, ein Saiteninstrument ähnlich der Gitarre, und nicht das Königsinstrument der Kirchenmusik, die Orgel.

Dass seine Lieder heute von jungen Leuten auch mal mit Gitarre und Schlagzeug gespielt werden und ein bisschen rockiger, hätte Luther sicher gefreut, denn ihm war es vor allem wichtig, dass Menschen aktiv und mit Freude ihren Glauben entdecken.


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