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Das Thema Kulturgeschichte des Wolfs

Stand: 21.06.2012 | Archiv

Wolf im Wildpark Bad Mergentheim | Bild: picture-alliance/dpa

Auch nach seiner Ausrottung bleibt das negative Image des Canis lupus erhalten. Philosophen halten sich weiterhin an den Wolf, wenn sie das Schlechte im Menschen benennen (Homo homini lupus - der Mensch ist dem Menschen ein Wolf).

Die Deutschen und das Zerrbild vom 'bösen Wolf'

Sprichwörter wie "Barmherzigkeit gegen Wölfe ist Unrecht gegen Schafe" bleiben aktuell. Zahlreiche Bilder - beliebte Motive sind Troika und Wolfsrudel im Winter, Wölfe im Angriff auf Mensch oder Hirsch - hängen in öffentlichen Gebäuden. In Märchen wie "Der Wolf und die sieben Geißlein" und "Rotkäppchen" wird der Wolf als permanente Bedrohung präsentiert.

Der Wolf im "Dritten Reich"

Sogar die Nationalsozialisten bedienen sich des Wolfes. Sie schätzen seine Drohwirkung, betonen aber auch die Stärke des Tieres, den Zusammenhalt im Rudel und den bedingungslosen Gehorsam gegenüber dem Leitwolf. Bewusst verwendet Adolf Hitler in seiner Korrespondenz in den 1920er Jahren den Namen "Wolf". Später nennt er sein Hauptquartier in Ostpreußen "Wolfsschanze". Die Kriegsmarine sammelt in den Jahren 1940 bis 1943 bei Angriffen auf alliierte Geleitzüge Gruppen von U-Booten, lässt diese gemeinsam angreifen - und die Propaganda bejubelt die Erfolge der "Wolfsrudel". Die Partisanenorganisation, die in den letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs Sabotageakte hinter den feindlichen Linien durchführen und deutsche Kollaborateure töten soll, erhält die Bezeichnung "Werwolf". Propagandaminister Joseph Goebbels ruft noch am 1. April 1945 über einen "Werwolf"-Sender zum Volksaufstand auf.

Einschätzung des Wolfes in anderen Kulturkreisen

Betrachtungen zwischen Gut und Böse, zwischen Geburt und Untergang halten sich weltweit die Waage. In der ägyptischen Mythologie hält Oupouaout, der Gott mit dem Wolfskopf, die Totenwacht und geleitet verstorbene Pharaonen ins Jenseits. Sibirische Jakuten verehren den Wolf als Schutzherrn der Reisenden. In Rom ernährt eine gute Wölfin die am Ufer des Tiber gestrandeten Zwillinge Romulus und Remus; Mars, der Gott des Krieges und Vater der beiden hat den Mutterersatz geschickt.

Einige Turkvölker preisen den Wolf als Stammvater. Der mongolischen Legende nach standen am Anfang des Stammbaums von Dschingis Khan ein Wolf und eine Hirschkuh. Inuit/Eskimos respektieren den Wolf und sehen ihn nicht als Konkurrenten; er bildet eine Einheit mit den Karibuherden, frisst kranke und alte Tiere und hält so die Herden gesund. In der nordischen Mytholgie findet sich der Fenriswolf, ein Riesentier, das mit seiner Zerstörungskraft wird für die Götter zur Bedrohung wird. Der Wolf Skalli verfolgt die Sonne, Hati den Mond.


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