Kühltechnik Eisernte und Eishandel
Von der Möglichkeit, Eis in Kellern zu lagern, profitieren vor allem Landbewohner und Großbetriebe wie Brauereien. Kleineren Gewerbetreibenden und Städtern fehlt oft der Zugang zu Eisdepots. Abhilfe schaffen Eisschränke, die ab den 1810er Jahren auf den Markt kommen und bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg in Gebrauch sind.
Bei den ersten Modellen handelt es sich um Holzkästen, in die ein Blechgefäß eingebaut ist. Als Isoliermaterial gegenüber der Umgebungswärme dienen Kork, Stroh oder Sägespäne. In den Raum zwischen Kastenwand und Blechgefäß wird Eis gefüllt, der Deckel ist mit Fell gefüttert. Schnell avanciert der Eisschrank zum Statussymbol. Luxusmodelle sind edel verarbeitet, reich verziert und werden sogar in Wohnzimmern präsentiert.
Dank des Eisschranks bleibt das Kühlgut länger frisch und bald stellen Mediziner fest, dass Magenerkrankungen bei Eisschrankbesitzern seltener werden. Der Grund: Bevor die Kühlkästen zum Einsatz kamen, machte man Fleisch mit Pökelsalz haltbar, das Magenbeschwerden bis hin zu Krebs verursachte.
Mit dem Eisschrank entsteht zudem ein neuer Beruf. Der Eismann beliefert Haushalte und Geschäfte - oft im Auftrag von Brauereien, die Eiskeller besitzen und den Eisvertrieb als Zusatzerwerb entdecken.
Weltweiter Handel mit Eis
Wichtige Neuerungen erleichtern im Winter die Ernte von Natureis. Eispflüge, die von Pferden gezogen werden, ziehen Rillen in das Eis zugefrorener Gewässer. Arbeiter zersägen das Eis entlang der Einschnitte. Eisschaber, Hebezeuge und Schlitten für den Eistransport kommen zum Einsatz. Mit Dämmschichten wie Torf ausgestattete Lagerhallen verfügen über dampfgetriebene Förderbänder, Rutschensysteme erleichtern die Verteilung der Eisblöcke im Inneren der Gebäude.
Transportunternehmer in Norwegen und den USA entdecken im frühen 19. Jahrhundert den länderübergreifenden Eishandel als lukratives Geschäft. Einer der Pioniere ist der Amerikaner Frederic Tudor (1783-1864). Im Jahr 1806 schickt er Eis aus Massachusetts-Seen per Segelschiff zur Karibikinsel Martinique. Nach vierwöchiger Fahrt gelangen Schiff und Ladung weitgehend unbeschadet ans Ziel. Doch noch bevor Tudor sein Eis verkaufen kann, ist es geschmolzen - weil es auf Martinique keine Kühlhäuser gibt. Erst als Tudor und andere Eishändler die nötige Infrastruktur in den Zielhäfen aufbauen, machen sich ihre Bemühungen bezahlt.
Lange Jahre ist der Handel mit Natureis ein florierender Wirtschaftszweig. Dann setzt ihm die Kältemaschine, die eine künstliche Eiserzeugung möglich macht, ein Ende.