Ritter, Bauern, Lutheraner Ein Spaziergang durch die Landesausstellung in Coburg
Fast ein halbes Jahr lang lebte Martin Luther auf der Veste Coburg. Genau dort wird zum Reformationsjubiläum die Bayerische Landesausstellung gezeigt. Begleiten Sie "Zeit für Bayern" auf einem Spaziergang durch die bewegte Welt von vor 500 Jahren.
Martin Luther wollte die Kirche seiner Zeit zurück zu ihren Wurzeln bringen: zum Evangelium und den Worten Jesu Christi. Damit löste er – wohl ungewollt – die Spaltung der christlichen Kirche aus. Und ging als Vater der Reformation in die Geschichtsbücher ein.
Dank des Buchdrucks verbreiteten sich die neuen Ideen schnell. Ritter, Bürger, Bauern - für alle gerieten jahrhundertealte Gewissheiten ins Wanken. Freiheit und Individualismus traten an die Stelle der alten Ständegesellschaft. Bildung wurde Allgemeingut.
In der mächtig über Coburg thronenden Veste suchte der als Ketzer verfolgte Luther Schutz. Am Karfreitag 1530 kam er dort an, begleitet von mehr als 200 Soldaten, Rittern und Edelleuten. Luther Anhänger kämpften damals in Augsburg für die Anerkennung des protestantischen Glaubens. Weil der Reformator unter der Reichsacht stand und vogelfrei war, blieb er in Coburg.
Ein guter Grund für das Haus der Bayerischen Geschichte, die Landesausstellung 2017 an diesem Ort zu zeigen. Die Landesausstellung mit dem Titel "Ritter, Bauern, Lutheraner" widmet sich der Zeit Luthers und zeigt die religiösen, politischen, sozialen und kulturellen Traditionen und Umbrüche im frühen 16. Jahrhundert.
Ein Blick ins Leben vor 500 Jahren
Die Veste selbst bildet dabei das größte Exponat der Ausstellung, sagt die Historikerin Alexandra Franz, deren Team die Ausstellung zusammengestellt hat. Besucher können die Räume besichtigen, die Luther auf der Burg einst bezog – laut Franz sind sie das Herzstück der Schau. Briefe und andere Schriften dokumentieren das Wirken und Denken des Reformators während dieser Zeit. Aus ihnen gehe unter anderem hervor, wie sich Luther einerseits um seine Familie sorgte, andererseits intensiv aus der Ferne an den Verhandlungen in Augsburg teilnahm, sagt die Historikerin.
Viele weitere Exponate geben einen Eindruck vom täglichen Leben von Rittern, Bauern und Klerus während der reformatorischen Hochphase. Die Themen reichen von Marktleben, Ernährung, Gesundheit über Reiterspiele und Hexenverbrennungen bis hin zur Confessio Augustana und dem Schmalkaldischen Bund. Auch mit den Auswirkungen von Reformation und Gegenreformation bis hinein in die Gegenwart befasst sich die Ausstellung und geht der Frage nach: Was ist evangelisch – was ist katholisch?
Kommen Sie mit!
Am 8. Mai eröffnet Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) die Ausstellung, einen Tag später ist sie für die Öffentlichkeit zugänglich. Mit "Zeit für Bayern" können Sie schon am Sonntag davor einen Spaziergang durch die Landesausstellung machen. Petra Nacke nimmt Sie mit, ab 12.05 Uhr auf Bayern 2. Tauchen Sie ein in die aufregende Zeit vor 500 Jahren!
Luther - Zeitalter des Umbruchs
Luther-Bibel
Die Luther-Bibel wird zum Lesestoff für jede und jeden:
Bislang konnten die Bibeltexte nur Gelehrte verstehen, die Latein und Griechisch beherrschten. Martin Luther übersetzt die Heilige Schrift in ein Neuhochdeutsch, das überall in Deutschland verständlich ist. Damit schafft er geistige Unabhängigkeit und ein neues nationales Selbstgefühl.
Calvinismus
Luther inspiriert neue reformatorische Ideen:
Vor allem der Genfer Johannes Calvin prägt eine Theologie, die durch den Kolonialismus bald weltweit verbreitet wird. Ist der Menschen zu Heil oder Verdammnis vorherbestimmt? Ist sein Erfolg im Leben ein Anzeichen dafür, dass Gott ihn zum Heil erwählt hat?
Das Kirchenlied
Kirchenlieder gehören zum Kernbestand christlicher Glaubenspraxis - besonders im Protestantismus:
Martin Luther war ein hochbegabter Liederschreiber. Den Höhepunkt erreichte die Kunst des Kirchenlieds mit Paul Gerhardt im 17. Jahrhundert. Vor dem Hintergrund des Dreißigjährigen Kriegs entfalteten seine Lieder eine tröstliche Kraft, die die Menschen noch heute bezaubert.
Humanismus und Buchdruck
In ganz Europa suchen Gelehrte nach alten Schriften aus der Antike:
Dank Buchdruck werden lange verloren geglaubte Texte unter den Gelehrten weit verbreitet. Auf einmal entdecken sie den Menschen und seine Fähigkeit, durch Bildung zu einer besseren Lebensform im Diesseits zu finden.
Bauernkriege
Die "soziale Frage" bricht auf:
1525 entbrennt ein Krieg gegen die Obrigkeit - zunächst als Aufstand der Bauern. Angehörige von Unterschichten aus Stadt und Land schließen sich an. Sie verlangen ein freieres Leben, weniger Abgaben und berufen sich auch auf die Thesen Martin Luthers.
Ritter, Bauern, Lutheraner - Bayerische Landesausstellung 2017
Wann: 9. Mai bis 5. November 2017, täglich 9.00 bis 18.00 Uhr
Wo: Veste Coburg, Kirche St. Moriz
Veranstalter: Haus der Bayerischen Geschichte, Coburger Landesstiftung, Stadt Coburg