Auslassen und rausgehen Fasten und Wandern im Allgäu
Obwohl es heute kaum mehr soziale Kontrolle und schon gar keine Pflicht zum Fasten mehr gibt, überlegen sich viele Menschen, wie sie fasten können – und das vor allem immer noch in der Zeit vor Ostern. Doch wirkliches Fasten, das ist mehr als der bloße Ersatz von Fleisch durch Fisch.
Schon von weitem ist es sichtbar, das Missions- und Tagungshaus der Comboni-Missionare in Mellatz im Westallgäu. Oben auf dem Berg liegen die beiden Gebäude, bisher fanden dort Tagungen und Seminare statt. Jetzt hat der Orden die Häuser verkauft. Wohnungen sollen hier entstehen. Fünf Brüder leben und arbeiten aber weiter hier in Mellatz, einer von ihnen ist Pater Werner. Aus seinem Büro hat er einen herrlichen Blick ins Westallgäu. Früher hat er auch Fastenseminare geleitet. Heute konzentriert er sich auf die Eine-Welt-Arbeit. Weltoffen waren die Comboni-Missionare schon immer, deshalb hat Pater Werner beim Thema Fasten auch keinerlei Berührungsängste:
"Es gibt die Vielfalt an Formen, die mich näher zu mir selber bringen. Auch näher in meiner Leiblichkeit, in meiner Einheit von Leib, Seele und Geist. Die mir es auch wieder bewusster machen. Und ich denke, von daher muss jeder spüren, was ist mein Weg."
Pater Werner
Möglichkeiten gibt es genug: Zen-Meditationen, Wanderfasten, Schweigewochen, Fasten nach Buchinger, Schroth-Kuren: das Angebot an Fastenkuren und Seminaren ist allein im Allgäu riesig. Allen gemein ist dabei: der Verzicht - auf Essen, auf Gespräche, auf die Welt. Ein Loslassen, ein Auslassen. Doch warum machen Menschen das, heute ohne Zwang? Viele sind auf der Suche ,meint Pater Werner. Und: im Verzicht liegt für ihn auch immer ein Gewinn:
"Also es ist nicht nur der Verzicht, oder das Leben mies zu machen, sich nichts zu gönnen, sondern vielmehr, um eigentlich intensiver zu leben, um näher zu sich selber zu kommen und auch offener zu werden für seine Mitmenschen. Und natürlich auch für diese spirituelle, religiöse Veranlagung, die, davon bin ich überzeugt, in ist in jedem Menschen angelegt."
Pater Werner
Ob man jetzt auf Süßigkeiten, Alkohol oder das Fernsehen verzichtet: Wichtig ist, dass man sich Gedanken dazu macht, warum man das restliche Jahr nicht ohne Schokolade, Bier oder den Lieblingskrimi leben kann.
Wenn man auf Essen verzichtet oder auf Mediennutzung, bleibt Zeit übrig. Und dieses Mehr an Zeit auszuhalten, das kann dann schon auch anstrengend sein.
Ballast abwerfen ist für viele ein Fastenziel - körperlich und geistig. Eine Möglichkeit ist hier die Beichte. Pater Werner ist hierbei ganz klar: ein Ablass, ein bloßes Loskaufen ist das nicht, eine echte Beichte ist Arbeit.
Und kommt der Pater selbst in der Fastenzeit zur Ruhe? Kann er im umfassenden Sinn fasten oder ist es für ihn im Gegenteil eine besonders arbeitsreiche Zeit? Vorgenommen hat er sich auf jeden Fall etwas:
"Für mich ist es also ein Anliegen, mir Freiräume zu schaffen, mir Zeit zu schaffen, zunehmend für Stille, auch einmal rauszugehen ins Freie, mal einen Spaziergang zu machen. Da sehe ich meinen Ansatz. Es gibt ja diesen Spruch vom Meditationsleiter: Ich rase von Besinnung zu Besinnung. Das kann es aber nicht sein. Ich muss selber auch, wenn ich glaubwürdig sein will, wenn ich andere anhalte und ermutige, zu diesem breit verstandenem Fasten, zu diesem ganzheitlichen Fasten, muss ich es auch selber praktizieren."
Pater Werner
Zu dem einen oder anderen ruhigen Blick aus dem Fenster seines Büros dürfte Pater Werner aber auf jeden Fall kommen. Und der ist sehr beruhigend.