Bayern genießen Geheimnis - Bayern genießen im Dezember
Die Advents- und Weihnachtszeit ist voller Geheimnisse. Aber diesmal soll nicht die Rede sein von Perchten und anderen zotteligen, fellbehangenen Wesen, sondern wir sind in allen sieben bayerischen Regierungsbezirken manch anderen Geistern oder Geheimnissen auf der Spur.
Unsere Genuss-Themen aus den bayerischen Regionen rund ums Motto "Geheimnis"
Oberbayern: Geheimnisse der Tannennadel. Medizinisch, olfaktorisch, kulinarisch. Von Julia Binder
Niederbayern: Geheimnis der Zukunft. Die weissagenden Schwanfrauen vom Ettlinger Weiher und die Nibelungen. Von Sarah Khosh-Amoz
Oberpfalz: Geheimnisvoller Geist. Der Chopper von Neutraubling. Von Uli Scherr
Mittelfranken: Geheimfächer. Verstecke in Möbeln. Von Tanja Oppelt.
Oberfranken: Geheimrezept zu Weihnachten. Spulweckla zur Fränkischen Weihnachtsgans. Von Anja Bischof
Unterfranken: Mysteriöse Riesen im Odenwald. Die Heunesäulen. Von Christiane Scherm
Schwaben: Geheimnisvolle Steine. Das Stonehenge im Bodensee. Von Doris Bimmer
Das Wort „geheim“ hat früher eine andere Bedeutung, wie heute: Im 15. Jahrhundert war es das zugehörige Adjektiv zum „Heim“,
beschrieb also alles, was zum Haus, zum „Daheim“ gehört. Selbst Haustiere waren „geheim“ also domestiziert und vertraut.
Erst mit der größeren Verbreitung des Wortes „Geheimnis“ ab dem 16. Jahrhundert setzte sich diese eine Bedeutung durch, die wir heute noch kennen.
„Geheimnis heißt ein verborgen, heimlich Ding, das man nicht weiß.“ schrieb Luther, der bei der Übersetzung der Bibel ein Wort für das griechische „mysterion“ und das lateinische „secretum“ suchte - und fand. Das Mysterium – das Unerklärbare war das Geheimnis.
Und solches ist für uns anziehend wie erschreckend gleichermaßen. Auch heute noch für uns ach so aufgeklärte Menschen. Ist vielleicht nicht doch was dran an Geheimlehren, Geheimkünsten – an Spuk und Geistern?
Geheimnisvoller Geist – der Chopper in Neutraubling
Die Oberpfalz ist das Land der Burgruinen – also auch der Gespenster und Geister. Ein solcher wurde 1982 in ganz Deutschland berühmt. Damals wird in Neutraubling, einem Vorort von Regensburg, die Polizei alarmiert, weil eine Stimme, die sich selbst Chopper nennt, Patienten beschimpft und beleidigt. Kehlig, unheimlich rülpst und pöbelt es aus Spuknäpfen und Waschbecken. Bald lacht die halbe Republik über die Geisterstimme und die vergebliche Suche der Kripo nach dem Gespenst. Weder die Sonderkommission, noch Abhör- und Akustikspezialisten finden es – auch nicht extra herbeigerufene, damals führende Parapsychologen. Erst nach Monaten wird die 17-Jährige Sprechstundenhilfe als „Chopper“ enttarnt. Sie hatte die vermeintlichen Geisterbotschaften mit verstellter Stimme in Waschbecken und Wasserrohre gerufen. Dafür wird sie gut ein Jahr später dann auch vom Amtsgericht Regensburg wegen Vortäuschens einer Straftat und Beleidigung zu einer Geldstrafe von 1500 Mark verurteilt.
Geheimnis umwobene Sagenwelt – auf der Spur der Nibelungen in Niederbayern
Der Mensch, wenn etwas nicht recht versteht – sei‘s in der Natur, der Politik oder Gesellschaft – dann behilft er sich gerne mit Geschichten, Mythen und Sagen.
Die Sage samt Weissagungen ist die Nibelungen-Sage. Dass sie um 1200 in Passau niedergeschrieben wurde, da sich die meisten Forscher mittlerweile einig. Auch Plattling nennt sich Nibelungenstadt, beschrieben im Nibelungenlied als Mittelpunkt des Nibelungenzuges, der von Worms nach Eztergom in Ungarn führt. In der Sage selbst heißt es: „An die Donau bis Vergen sie da ritten“. Und mit diesem Vergen ist höchstwahrscheinlich Pförring gemeint. In Ettling bei Pförring, so gerade schon in Oberbayern, aber direkt an der Grenze zu Niederbayern liegt eine Ruine aus dem Mittelalter mit einer faszinierenden Geschichte: Laut Legenden soll in der Rabenburg einst ein Schatz gelegen haben und die Quelle des Kelsbach, der die Rabenburg umströmt, könnte der „schöne Brunnen“ gewesen sein, von dem es im Nibelungenlied heißt, dass dort kein geringerer als der böse, jähzornige Hagen drei Jungfrauen beim Baden beobachtet hat und ihnen ihre Kleider vom Ufer raubte. Er gab sie ihnen nur zurück, wenn die Jungfrauen ihm die Zukunft weissagen würden. Die Oberjungfrau prophezeite ihm, dass alle umkämen, nur der Kaplan würde überleben. So geschah es. Wer in Pförring die Burgruine besichtigen will und die Quelle, die beide auf privatem Grund liegen – auf Wunsch gestattet Familie Batz gerne eine Besichtigung.
Geheimfächer. Verstecke in Möbeln – im Schloss Faber-Castell in Nürnberg
Wenn etwas Materielles geheim bleiben soll, braucht man dazu ein Versteck. Wunderbar geeignet dafür sind Möbel mit doppeltem Boden und geheimen Türen. In früheren Jahrhunderten hat sich vor allem der Adel solche Geheimverstecke in Möbeln oder hinter Wandvertäfelungen im Schloss der gräflichen Familie zu Faber-Castell in Stein bei Nürnberg bestaunen. Selbst in unserer heutigen digitalen Welt besteht offenbar weiter das Bedürfnis, Dokumente, Dinge in Möbelstücken zu verstecken, berichtet Schreinermeister Andreas Sauber. Er hat seine Werkstatt nicht weit entfernt vom Faber-Castellschen Schloss in Stein und bekommt mehrmals im Jahr er Anfragen, in einen Schrank oder eine Kommode Geheimfächer einzubauen. Ob er selbst ein Möbelstück mit verborgenen Fächern bei sich zuhause hat, bleibt sein Geheimnis.
Geheimnisvolle Steine: Das Stonehenge im Bodensee
Längst Vergessenes, Verborgenes kann unverhofft wieder auftauchen – manchmal auch erst nach Jahrhunderten. Und das mit dem Auftauchen ist im Folgenden auch wörtlich gemeint, denn es gibt kaum ein besseres Versteck, als eines tief unter Wasser. Geheimnisvolles aus der Vergangenheit schlummert da. Für Forschungstaucher ein echtes Abenteuer, danach in Seen und Meeren zu suchen. Auch im Bodensee. 2015 waren die Hügelformationen zufällig bei Vermessungsarbeiten entdeckt worden. Sie sind den Forschern nach wie vor ein Rätsel. Dem Geheimnis wollen auch die Taucher der Bayerischen Gesellschaft für Unterwasserarchäologie auf die Spur kommen. Erwiesen ist bislang nur: Diese Hügel, aneinandergereiht wie an einer Perlenkette, sind von Menschenhand geformt. Eine Sensation. Ob sie auch, wie die Steinkuppen auf der schweizerischen Seite, aus der Jungsteinzeit stammen, ist noch unklar. Auch, wozu sie angelegt wurden. Was den Hobbyarchäologe Tobias Pflederer aber auch nicht weiter stört. Für ihn ist das Spannende an der Archäologie der Gedanke, was etwas hätte sein können, dass man so spekulieren darf und muss und es eine sichere Wahrheit nicht gibt. Er wird die rätselhaften Hügel im Bodensee zwar weiter mit seinem Team vorsichtig untersuchen, macht sich aber keine Illusionen: Dieses Geheimnis wird der Bodensee vermutlich nie zur Gänze preisgeben.
Die geheimnsvollen Heune-Säulen in Unterfranken
Ähnlich Geheimnisvolles findet sich auch ganz im Nord-Westen Bayerns – am Rand des Odenwalds, bei Miltenberg in Unterfranken. Dort haben schon die Römer Bunt-Sandstein abgebaut und damit dann ihre Kastelle errichtet. Fragt sich nur, warum da heute noch – mitten im Wald - solch riesige Sandstein-Säulen herumliegen. Die Heune-Säulen am Bullauer Berg, zu denen auch viele Rund-Wanderwege führen. Mit Moos bewachsen liegen die sieben Meter langen und tonnenschweren Bunt-Sandstein-Säulen im Wald, inmitten eines Blockmeers, ebenfalls aus Bunt-Sandstein. Es könnte sein, dass sie aus der Römerzeit stammt. Doch Geologe Jochen Babist bezweifelt das. Er vermutet, dass die Säulen für den Dom in Mainz gedacht waren. Schon der Vorgänger-Dom war eine Basilika mit Säulen – doch der ist abgebrannt. Bei der Renovierung haben sich die Verantwortlichen die römische Bauweise zum Vorbild genommen und wollten ebenfalls Säulen verbauen. Wieso die Heune-Säulen geschlagen wurden, aber nicht nach Mainz transportiert wurden, bleibt ein Geheimnis. Es könnte sein, dass das Gestein nicht stabil genug war.
Auch der Bunt-Sandstein-Erlebnisweg ist einen Ausflug wert: Auf 40 Kilometern führt er am Main entlang zwischen Odenwald und Spessart, von Miltenberg über Bürgstadt, Collenberg, Dorfprozelten, Stadtprozelten bis nach Faulbach. Auf dem Weg liegen jede Menge Zeugnisse dieses prägenden roten Gesteins: Steinbrüche, Kunst- und Kultur-Denkmäler, Kirchen, Bildstöcke, Friedhöfe mit Grabsteinen aus Bunt-Sandstein. Informationstafeln erläutern die Geologie, den Abbau, die Bearbeitung, den Transport – und natürlich die Bauwerke. Spannend ist auch die Ausstellung des Bunt-Sandstein-Projekts in der alten Kirche in Collenberg-Reistenhausen.
Geheimnisse der Tannennadel. Medizinisch, olfaktorisch, kulinarisch
Die Advents- und Weihnachtszeit ist voller Geheimnisse. Was wir leicht vergessen - vor lauter Organisieren, repräsentative Geschenke-kaufen und Weihnachtsfeier-Stress. Lassen wir uns doch wieder anstecken, von den Kindern, die’s jetzt kaum erwarten können, dass die erste Kerze am Adventskranz angezündet wird, die Platzerl in der Dose landen – und dann ganz bald darauf im Mund. Dass die Geschichten vom Nikolaus, dem Knecht Rupprecht und dem Christkind wieder erzählt werden und dass es im wieder herrlich duftet – nach Platzerl, nach Orangen und vor allem – nach Tannenzweigen. Die Tanne begleitet uns durch den Dezember – als Baum, als Tür- oder Adventskranz oder in Gestecken. Aber warum holen wir uns ausgerechnet den Tannenbaum ins Haus bzw. seine Zweige? Zum einen, weil die Nadeln nicht so stechen, wie die der Fichte und auch nicht so leicht abfallen.
Schon in der mittelalterlichen Kräutermedizin standen Tanne und Fichte sinnbildlich für Kraft. Hildegard von Bingen hat Tannenharz zur Wundbehandlung empfohlen. Pfarrer Kneipp aus Wörishofen verordnete bei Husten und Heiserkeit Tee aus frischen Trieben der Tanne. Egal, ob man sie als Zweige im Badewasser nutzt, als Öl für die Duftlampe oder die Nadeln und Harze zum Verräuchern. Der Duft der Tanne wirkt beruhigend, hilft gegen Winterdepression und gilt als heimelig, wohltuend und tröstend, sagen die beiden Heilkräuter-Fachfrauen Franziska Landesberger aus Prien am Chiemsee und Judith Heckel aus Nußdorf am Inn.
Wer jetzt so richtig Hunger auf den Weihnachtsbaum bekommen hat, kann sich in dem Kochbuch "How to eat your Christmas Tree“ von Julia Georgallis (€ 18,00, ISBN 978-3-7472-0292-0) inspirieren lassen. Innovative und spannende Rezepte für ein nachhaltigeres Weihnachtsfest.
Geheimrezept: Spulweckla zur Fränkischen Weihnachtsgans
Gerade an Weihnachten haben Familien so ihre ganz eigenen Traditionen – auch beim Festessen: Ja nicht abweichen von jährlich Üblichen. Nicht selten gibt es Gerichte, deren Rezepte von Generation zu Generation weitergegeben, teils wirklich nur engsten Familienmitgliedern verraten werden. In Oberfranken gab es früher an Weihnachten bei manchem Festessen zum üppigen Gansbraten eine besondere Spezialität: Die sogenannten Spulweckla. Für die hat Ina Medick aus Bayreuth vor zehn Jahren ein Rezept entdeckt, in einem alten Rezeptbuch ihrer Uroma. Was folgte waren drei fränkische Koch- und Backbücher, die die 29-Jährige zusammen mit ihrem Partner veröffentlichte und seither ist sie auch als Food-Bloggerin bekannt. Die Spulweckla wurden früher bei Festessen rund um Weihnachten und Neujahr anstelle der sonst üblichen Klöße zu fetten Braten gereicht. Die Gewürze Anis und Kümmel helfen beim besseren Verdauen. Deshalb wird es auch zur Gans oder zu anderen schweren Braten serviert. Spulweckla sollen an die Spule am Webstuhl erinnern; die Rippen stellen den aufgewickelten Faden dar.
Und hier das Rezept der Spulweckla:
Spulweckla zur Gans - Spezialität mit Anis und Kümmel
Aus „Mein fränkisches Backbuch“ von Ina Medick und Felix Wiesel (J. Berg Verlag)
Zutaten:
1 kg Weizenmehl Type 550
40 g frische Hefe
20 g zimmerwarme Butter
20 g Salz
12 g Zucker
2 TL Anissamen
2 TL Kümmelsamen
So geht’s:
Gib das Mehr in eine Rührschüssel, gib alle restlichen Zutaten zusammen mit 380 ml lauwarmem Wasser dazu und knete alles auf langsamer Geschwindigkeit mit den Knethaken der Küchenmaschine oder des Handgeräts durch. Gib nach und nach weitere etwa 190 ml Wasser in den Teig. Verwende nur so viel Wasser, dass der Teig nicht weicher als Knetmasse wird. Knete den Teig zehn bis 15 Minuten gründlich durch, bis er sich von der Schüssel löst und nicht mehr klebt.
Decke den Teig ab und lass ihn 20 bis 30 Minuten an einem warmen, zugfreien Ort gehen.
Knete den Teig mit den Händen auf einer bemehlten Arbeitsfläche durch und portioniere ihn in etwa 25 Teiglinge. Forme die Teiglinge in ovale Brötchen, schneide mit einem scharfen Messer dicht an dicht Schlitze in den Teig und lege sie mit etwas Abstand zueinander auf ein mit Backpapier ausgekleidetes Backblech. Lass die Spulweckla abgedeckt noch einmal 30 Minuten an einem warmen, zugfreien Ort gehen.
Heize den Backofen auf 240 Grad (Ober-/Unterhitze) vor. Gib dann die Spulweckla in den Backofen. Gib zusätzlich eine kleine Tasse Wasser auf ein Blech und schiebe dieses Blech unter das mit den Weckla. Backe die Spulweckla etwa 20 Minuten.