Ein Werkstattbesuch Die Kunst des Vergoldens in Murnau
Heute gibt es zwei verschiedene Arten der Vergoldung: die Chemische - dabei wird Gold in einer Verbindung mit Amalgam in gelöster Form aufgetragen. Dann gibt es die mechanische Art - durch Auflegen von Blattgold, die von Vergoldern ausgeführt wird. Wie aufwendig diese Arbeit ist, das läßt sich bei einem Werkstattbesuch beim Vergolder erahnen.
Die Heiligen stehen dicht gedrängt an der Fensterbank. Franz Schindler sitzt in seiner kleinen Werkstatt in Froschhausen nahe Murnau am Staffelsee. Er trägt einen blauen Arbeitsschurz und zeigt, wer da alles auf Gold und Farbglanz wartet.
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"Des san zum Beispiel die zwoa Cosmas und Damian, des san die Schutzpatronen der Apotheker und Ärzte, zwoa moi der Heilige Georg. Da hinten steht noch ein Bacchus ."
Vergoldermeister Schindler
Noch vor Weihnachten sollen sie alle fertig sein, die Heiligen und die Krippenfiguren. Die meisten stammen aus Oberammergau von bekannten Schnitzern und werden jetzt bemalt oder vergoldet.
"Der Vergolderberuf beinhaltet auch den Fassmaler, weil es werden nicht alle Figuren nur vergoldet, sondern auch gefasst. Fassmaler kimmt aus dem Begriff , dass man des Gold einfasst."
Franz Schindler
Franz Schindler ist gelernter Malermeister und hat dann umgesattelt auf den Fassmaler und Vergolder. Seit 35 Jahren geht er jeden Tag gern in die Werkstatt zu seinen hölzernen Heiligen und Weltlichen. Man braucht viel Geduld und Sitzfleisch für diesen Beruf sagt er. Denn beim Vergolden ist das Wichtigste die Vorarbeit.
"Erst hat man die rohe Figur, die muss zuerst grundiert werden, tut man mit Leim, des ist der Hautleim, Knochenleim (-) die zwoate Grundierung ist Steinkreide, die in Leim eingesumpft wird, dazwischen immer wieder Trockenzeiten, muss immer wieder geschliffen werden, und dann kimmt der Auftrag mit Kreidegrund, verschiedene Kreidesorten ... je nach .. dieser weiße Grund auf dem Steingrund wird 5-6 Mal aufgetragen .. nach dem Trocknen geschliffen wird."
Franz Schindler
Schon nach der zweiten Grundierung sehen die hölzernen Figuren aus wie steinerne Kunstwerke - sie haben ein grauen Überzug bekommen. Nach dieser Vorbereitung wird das sogenannte Poliment aufgetragen. Diese Tonerde ist die Unterlage für die Goldschicht.
"Das ist der eigentliche Untergrund für's Gold (-) des muss stimmen , dass das Gold im Glanz gut dasteht, also muss auch das Poliment in der richtigen Konsistenz aufgetragen werden, gelbe und rote, des auch zwei- bis dreimal, wenn des trocken ist, dann geht's erst los mit dem Vergolden."
Franz Schindler
Mit Ei oder Leim rührt der Vergolder das Poliment an. Nach einiger Zeit gärt die Mischung mit Ei und fängt zu stinken an. Dann ist es am besten zur Verarbeitung, sagt der Fassmaler.
Auch bei den kleinen Figuren muss nach vielen Grundierungen jede Falte und jeder Fingernagel erkennbar sein.
Endlich beginnt das eigentliche Vergolden. Zunächst wird die Figur mit einem Gemisch aus Wasser und Spiritus benetzt. Dann holt Franz Schindler kleine quadratische Heftchen aus einer Schublade - die Goldbriefe: zwischen den Seiten liegt hauchdünnes Blattgold.
"Des ist mein Vergolder-Kissen, des hat unten eine Schlaufe für den Daumen (-) , der Goldbrief, 25 Blatt drin , wird oben mit eiern Wäscheklammer festgemacht, und jedes oanzelne Blatt wird rausgenommen (-) und werd auf des Kissen leicht hingeblasen, dass des fest liegt . Und so kann man erst schneiden .. Quadrate, Rechtecke geschnitten, wie ma's halt grad braucht ."
Franz Schindler
Neun my, also neun tausendstel Millimeter dünn sind diese Goldblättchen. Ein Atemzug - und schon wellt sich das Blattgold auf dem Kissen. Da merkt man schnell , wer sich für dieses Handwerk eignet - und wer nicht.
"Des Gold wird mit einem sogenannten Anschiß Pinsel - das sind Haare aus Feehaar, russisches Oachkatzl oder sowas (-) und der werd über die Haar gestreift, oder über die Haut, so dass des ( -) leicht fettig ist , und da dran haftet das Stück Gold, runtergeschnitten, des muss man ganz vorsichtig auf die genetzte Fläche an der Figur angebracht werden und des schiaßt dann o wie ein Magnet (-) drum des sog Anschießen."
Franz Schindler
Blatt für Blatt wird an der Figur angelegt, bis die ganze Fläche vergoldet ist. Dann heißt es wieder warten. Nach zwei bis drei Stunden kann Franz Schindler polieren. Jetzt erstrahlt der Mantel des Heiligen Georg in glänzenden Gold. Der Rest der Figur schimmert grau von der Grundierung. Erst nach der Vergoldung kann Franz Schindler die Farben aufmalen. Am Ende leuchten die geschnitzten Schutzheiligen, Marienfiguren, Tänzer oder Familienwappen in prächtigen Tönen - und in Gold.
"Wenn sie vergoldet, poliert sind, werden sie mit Schutzlack überzogen (-) dann kommt die Bemalung, die Faßmaler Arbeit , darum der Begriff Einfassen ... Figuren werden farbig weitergearbeitet (-) und am Schluss patiniert."
Franz Schindler
Wenn Maria sich in einen goldenen Umhang hüllt, dann kann diese Figur Jahrhunderte halten, vorausgesetzt sie steht in einem trockenen Raum. Was all diese Figuren, Bilderrahmen, Möbel und Verziehrungen gar nicht mögen, sind feuchte Putzlappen, sagt Franz Schindler aus Froschhausen, denn dann schwindet das Gold im Laufe der Jahre unwiederbringlich dahin.