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Keine Kapriolen Ein sanfter Classic-Dressurreitstall in Oberfranken

Das Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde, heißt es so schön. Stellt sich die Frage, ob das Reiten auch für das Pferd, nicht nur für den Menschen ein Genuss ist. Ob es das ist, hängt von der richtigen Dressur der Pferde ab. Weil sie in der Region keinen Reitstall fand, der ihren Ansprüchen genügt hat, hat Corinna Denndörfer vor gut einem Jahr im oberfränkischen Thierstein ihren eigenen Dressurreitstall „Classic Dressage“ eröffnet. Wie sie die Pferde dort genussvoll ausbildet, hat sich Claudia Stern angeschaut.

Stand: 06.02.2016 | Archiv

Ruhig und friedlich dreht der zwölf Jahre alte Knabstrupper Wallach Milano seine Runden im weichen Sand. Warmmachen – denn gleich beginnt das tägliche Training. Heute wollen Corinna Denndörfer und Co-Trainerin Hannah Ludwig eine anspruchsvolle Lektion der klassischen Dressur üben.

"Jetzt machen wir die Piaffe. Das ist eine Lektion, da ist das Pferd fast auf der Stelle und tritt diagonal in einer trabartigen Bewegung. Das ist körperlich anstrengend und auch von der Koordination für die Pferde schon eine Herausforderung. Aber eine sehr, sehr schöne Lektion. Die Pferde werden in der Piaffe auch sehr stolz."

Corinna Denndörfer

Viel Lob, Streicheleinheiten und eine kleine Belohnung gibt es nach jedem erfolgreichen Durchgang. Das ist Corinna Denndörfer wichtig. Denn in ihrem Dressurreitstall „Classic Dressage“ geht es nicht in erster Linie um Leistung und Turniererfolge. Das Pferd soll sich wohlfühlen und gesund bleiben.

Corinna Denndörfer auf Milano

"Leistung steht nicht im Vordergrund. Es steht wirklich im Vordergrund das Pferd. Die Arbeit ist, denke ich, ein Genuss für die Tier im Laufe der Zeit, weil die Arbeit den Pferden einfach hilft, sich besser bewegen zu können. Sie werden selbstbewusster, sie werden anmutig, groß und das ist schon ein großer Genuss dann auch für die Pferde."

Corinna Denndörfer

Und Milano fühlt sich wohl, sagt Trainerin Hannah Ludwig

"Das sieht man ihm an, finde ich. Der hat einfach so einen frechen Gesichtsausdruck (lacht). Was jetzt auch schön ist, ist, dass er kaut bei der Arbeit. Das heißt, dass er locker ist im Maul, nennt sich das. Das heißt, die Kiefermuskulatur ist entspannt, das setzt sich dann fort über das ganze Pferd. Das ist immer ein gutes Zeichen, wenn ein Pferd kaut. Das hören wir sehr gern."

Hannah Ludwig

Insgesamt arbeitet Corinna Denndörfer mit neun Pferden – Stuten, Hengsten und Wallachen. Sie lehrt die Klassische Reitkunst, deren Ursprünge bis ins antike Griechenland zurückgehen. Da mit Hilfe dieser Methode einst Kriegspferde ausgebildet wurden, trainiert sie ein praktisch blindes Verständnis zwischen Pferd und Reiter.

"Da kam das dann so, dass die Pferde extremst fein reagieren mussten, denn im Krieg oder beim Kampf hat kein Reiter die Zeit am Zügel zu ziehen oder irgendwelche anderen Dinge zu machen. Es muss durch feinste Gewichtshilfen funktionieren. Und das ist eben der Ursprung der Klassischen Reiterei. Der Ausbildungsweg ist deutlich länger, anstrengender, aufwendiger und komplizierter, würde ich sagen. Aber wenn man später das Ergebnis sieht und die Pferde sieht, ist es das auf jeden Fall wert."

Corinna Denndörfer

Turniere reitet die 32-Jährige nicht. Trotzdem ist eine sorgsame Ausbildung der Pferde wichtig, damit Pferd und Reiter lange Freude haben. Vor allem bei ganz jungen Pferden darf man als Reiter nicht zu viel fordern, sagt Trainerin Hannah Ludwig.

Hannah Ludwig beim Training

"Das ist ganz wichtig, sich Zeit zu nehmen, vor allem für die jungen. Wir machen das immer ganz schonend und nehmen dabei wirklich Rücksicht auch auf die Psyche und den Körper der Pferde. Die müssen einfach sehr langsam an das Reitergewicht gewöhnt werden. Das ist ja nicht von Natur aus so gedacht, dass ein Pferd einen Reiter trägt und da müssen wir ganz langsam die Muskulatur aufbauen, um den Rücken zu stärken, damit das Pferd einfach kein Problem kriegt."

Hannah Ludwig

Neben der richtigen Ausbildung ist es für die Pferde wichtig, dass sie sich im Stall wohlfühlen. Entscheidend ist, dass die Tiere immer genug zu fressen haben und dass sie sich mit ihren Boxen-Nachbarn verstehen. Dafür ist Susi Lobenhofer zuständig. Sie verteilt gerade die zweite von fünf Heurationen an diesem Tag.

"Ganz wichtig ist es halt, dass hier in vielen kleinen Portionen gefüttert wird. Es ist schlecht in zwei großen Portionen am Tag zu füttern, wie das früher üblich war. Das beruhigt das Pferd dann auch, wenn es immer die Möglichkeit hat, ein bisschen was zu fressen. Und einfach, dass die Boxen-Nachbarn so gewählt werden, dass sich die auch wirklich mögen, dass sie freundlich zueinander sind und kein Stress entsteht."

Susi Lobendorfer

 Wenn die Pferde sich wohlfühlen, machen sie keine Kapriolen. Und auch auf die gleichnamige Sprungübung verzichtet Corinna Denndörfer bewusst.

Hochspringen und Hinten ausschlagen, also eine Kapriole machen, das müssen Pferde in Thierstein nicht lernen.

"Die Kapriole ist eine Übung aus der Kriegsreiterei. Das war ne Übung für den Angriff, das bedeutet ja, dass das Pferd hochspringt und dann nach hinten ausschlägt. Diese Lektion erarbeite ich nicht, weil das einfach nicht mein Anspruch ist. Es ist jetzt auch kein gymnastisch hoher Effekt dabei, bei dieser Lektion, dass man sagen muss, die wär wichtig für ein Pferd. Das ist einfach Show und das ist sehr schön, ich schau das gerne an, aber ich selber bilde es nicht aus."

Corinna DenndörferS

Milano ist mit sich und seinem Training offenbar zufrieden. Deshalb macht er zum Abschluss seines Trainingstages zwar keine Kapriole, aber ein Kompliment – eine Übung, die so ähnlich aussieht wie ein Knicks.

Bravo!!! - Das Urteil der Autorin


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