Am End' ein Trend? Essen im Glas im Allgäuer Fetzwerk
Einwecken hat nicht mehr den Stellenwert von einst - aber das Einweckglas ist wieder stark im Kommen. Jetzt startet es sogar einen Angriff auf das Restaurantporzellan. Zum Beispiel im Fetzwerk in Oberstdorf.
Daniel Vierkorn ist im Fetzwerk zuständig für die Zubereitung und das Anrichten der einzelnen Gläser. Neun verschiedene Gerichte stehen fest auf der Karte, jeweils drei vegetarische, drei mit Fleisch und drei mit Fisch - in folgenden Geschmacksrichtungen: "von dohuim", "mediterrano" und "far east asia". Dazu kommen dann noch Nachtisch, Suppe und Salat. Alles im Glas, genauer in Halb-Liter-Weckgläsern. Die Idee dazu ging Chef Ludger Fetz seit längerem schon durch den Kopf:
"Uns ist beim Arbeiten eine Idee gekommen. Weil wir in einem anderen Restaurant viel einwecken, so wie die Oma das gemacht hat. Habe ich gedacht, okay warum nehmen wir nicht das Weckglas. Es wird nichts eingeweckt, sondern im Glas serviert."
Ludger Fetz
Große Schnitzel oder ein Steak passen natürlich nicht in die Gläser. Fleisch, Fisch oder Knödel sind schon mundgerecht zerteilt und werden aufgespießt oder als Pralinen gereicht. Das Gemüse ist fein geschnippelt – eine gute Vorbereitung ist im Fetzwerk alles:
"Wenn sie am Abend 100 Gläser verkaufen, dann müssen sie am Nachmittag hundert Gläser klein schneiden. Sie können keine Bandnudeln von 20 Zentimetern Länge reintun, da haben wir kleine Hörnchen, die machen wir selber. Die Vorbereitung ist extrem schwierig. Da haben wir extra einen Koch dafür, der jeden Tag nur schneidet, macht und tut."
Ludger Fetz
Fertig zubereitet werden die Gläser dann in Sichtweite der Gäste, das Gemüse noch mal schnell geschwitzt, das Fleisch kurz erwärmt. Und dann ab ins Glas.
Vorsichtig füllt Daniel Vierkorn die Rigatoni mit Gemüse und Pilzen ein. Das Roastbeef wird aufgespießt und schräg ins Glas gelegt – es soll ja nicht nur gut schmecken, sondern auch gut ausschauen. Das Glas kommt dann auf ein kleines, passendes Holzbrett. So wird dann serviert, ohne dass man sich am heißen Glas die Finger verbrennt. – dieses Essen im Glas, das sieht nicht nur anders aus, das schmeckt auch anders, davon ist Ludger Fetz überzeugt:
"Wenn sie einen Teller haben, dann haben sie meistens die Komponenten nebeneinander aufgeteilt und sie können es besser identifzieren. Im Glas wird es geschichtet. Da kommt unten der Gemüsesockel hinein oder das Ratatouille-Gemüse. Dann kommt vielleicht noch eine Sauce oder ne Creme oder ein Gelee rein, dann kommt der Fisch oder die Entenbrust oder selbstgemachter Tofu hinen. Das wird dann oben draufgelegt. Dann kommt eine Glasur drauf. Man issst es anders, weil man die Einzelzutaten gar nicht so auseinander essen kann."
Ludger Fetz
Ein ganz anderes Geschmackserlebnis also – und die Leute gehen laut Fetz auch anders mit dem Essen um, lockerer, unverkrampfter:
"Ich beobachte das immer. dass die Leute, die im Fetzwerk sitzen, ganz wenig Handys auf dem Tisch haben und sich ganz anders mit dem Essen beschäftigen."
Ludger Fetz
Essen im Glas – das hat auch praktische Vorteile: Denn die Gäste können dank der kleineren Portionen mehr probieren, haben ein anderes Geschmackserlebnis. Und der Gastronom hat ein praktisches, schön anzusehendes und kostengünstiges Essbehältnis.
Einen Nachteil haben die Weckgläser Fetz zufolge aber: Wenn sie wirklich runterfallen, dann liegen die Splitter in der letzten Ecke.
Sieben Euro pro Glas
Das Essen im Fetzwerk ist nicht ganz billig: Ungefähr sieben Euro kostet ein Glas, sprich ein Gericht, zum Sattwerden brauchen die meisten wohl zwei oder drei.
Familie Fetz betreibt in Oberstdorf ein Hotel, das eher traditionell ausgerichtete Jagdhaus, das Sterne-Lokal Maximilians und seit kurzem jetzt eben das Fetzwerk mit seinem Essen im Glas.