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Evangelische Küchle Fränkische Spezialität erlebt in Seukendorf

Mal sind sie rund, mal eckig. Aber immer sind sie eine süße und kalorienreiche fränkische Spezialität: Küchle werden in einer ordentlichen Portion Butterschmalz herausgebacken. Nach alter Sitte gibt es sie bei Taufen, Trauungen, Konfirmationen, aber auch an Ostern – und natürlich zur Kirchweih. Zum Beispiel bei Bäckermeister Karl Gräf aus dem mittelfränkischen Seukendorf im Landkreis Fürth.

Von: Ilona Hörath

Stand: 31.08.2017 | Archiv

Der Bäckereibetrieb Gräf geht bis ins Jahr 1763 zurück. Hergestellt werden die evangelischen Küchle aber erst seit den Nachkriegsjahren des vergangenen Jahrhunderts.

"Wir backen nur evangelische Küchla! (lacht) … Die evangelischen werden auch als Kissen bezeichnet, die katholischen sind die Knieküchla, die Ausgezogenen, das heißt, dass außen ein dicker Rand ist, und innen ein dünner Teller."

Karl Gräf

Wie bitte? Evangelische Küchle, katholische Küchle? Jetzt ist der Fachmann gefragt: Peter Huschke, der Dekan des Evangelisch-Lutherischen Dekanats Erlangen.

"Zeige mir deine Küchlein und ich sag dir, ob du katholisch oder evangelisch bist."

Dekan Huschke

Gibt es zwischen Küchle und Küchle etwa einen theologischen oder gar kirchengeschichtlich begründeten Unterschied?

"Nein, der ist weder theologisch noch kirchengeschichtlich manifestiert, er ist nur in den gegenseitigen Vorurteilen begründet. Jedenfalls in boshafter Auslegung wird behauptet, die Protestanten sind auch da immer etwas karg und sparend und verwenden deswegen viel mehr Mehl und machen das mit viel weniger Fett und können das Leben einfach nicht so genießen wie die katholische Seite."

Peter Huschke

Dekan Peter Huschke

Beide Teige, der evangelische und der katholische, gehören zur Kategorie „feine Hefeteige“, wobei der evangelische Teig ein wenig fester ist – und die katholische Kniescheibe, sagt Karl Gräf, etwas vornehmer schmeckt. Wie die Protestanten zu ihrem süßen fränkischen Genuß kommen, erklärt der Bäckermeister in seiner Backstube.

"Des ist unser Fettbackgerät, wir arbeiten mit 40 Kilo heißem Fett, im Hintergrund hören wir die Dunstabzugshaube, unser ständiger Begleiter. Unser Fettbackgerät ist 1,20 m lang 80 breit, 15 cm heisses Fett. Da passen genau 30 Stück leckere Küchle rein. Des hat 180,190 Grad."

Bäcker Karl Gräf

Beim heißen Fett heißt's vorsichtig sein.

Mit den Fingern sollte man dem goldenen flüssigen Fett also nicht zu nahe kommen. Der Teig muss vorher „richtig ausgeknetet“ sein, damit das protestantische Küchle später seine typische Kissenform ausbilden kann. Auf einem Blech liegen die flachen rechteckigen Teigstücke schon bereit. Vorsichtig lässt Karl Gräf sie mit Hilfe einer Kelle ins Fett gleiten.

"A Küchle mag des net, wenns angefasst wird."

Karl Gräf

'Bäckermeister Karl Gräf

Fünf bis sieben Minuten backen sie, in dieser Zeit dreht und wendet Gräf sie dreimal. Dass der Bäcker seinen Küchle noch eine Sonderbehandlung angedeihen lässt, hat seinen Grund.

"Ich übergieß die Küchle mit dem heissen Fett, dass Wasserdampf eingeschlossen wird und die Küchle noch schöner nach oben kommen. Jetzt sieht man, wie sich die Küchle verhalten Das Fett isoliert und des Wasser explodiert schlagartig und hebt die Küchle oben auf."

Bäcker Karl Gräf

Gelungene Kuechle

Schiefgehen kann es trotzdem mal, wie Gerlinde Küblbeck aus Winkelhaid im Landkreis Nürnberger Land weiß. Sie bäckt nur ein paar Mal im Jahr ganz privat für ihre Familie Küchle.

"Ich hab festgestellt, machmal mögens einen und manchmal nicht, manchmal entstehen die sogenannten Dotschn, die aber genauso gut sind wie die anderen, des sind die flachen, die einfach kein Kissen werden wollen. Ddes kann man selten erforschen, des passiert selbst in Bäckereien, dass Dotschn entstehen."

Gerlinde Kühlbeck

"Schaut dann aus wie das Kissen, in dem man gelegen ist, wenn man in der Früh aufsteht, dass des Kissen a bissle zamgedatscht ist (lacht)."

Bäcker Karl Gräf

Wenn es aber gelingt und man dann in die kissenartigen Küchle hineinbeißt, hat beschleicht einen das Gefühl, einen Happen Luft zu verspeisen.

"Genau: gute fränkische Luft! (lacht.) Des ist eine besondere Eigenart, des wollen wir so haben, für jemand, der noch keine evangelischen Küchla gegessen hat, ist des schwer zu akzeptieren, weil da könnte mer noch was reintun."

Karl Gräf

Vielleicht ein bisschen Sahne oder eine leckere Fruchtfüllung? Für Bäcker Gräf wäre das ein klarer Verstoß gegen die Tradition. Ein Küchle muss nach Teig schmecken. Und nach Puderzucker.

"Der Puderzucker ist das Sahnehäubchen für das Küchle, das macht die Sache erst richtig rund. Als kleiner Tipp zum Essen: Einfach die Augen zumachen und dann langsam reinbeißen in des Küchle. Als Zweites. bitte 16 mal den Bissen kauen, bevor man runterschluckt… Lassen Sie sich überraschen, des is a ganz interessante Sache."

Karl Gräf


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