Traditionsausbildung Der rare Glasmachernachwuchs im Bayerischen Wald
Hochwertiges Glas ist immer Hand-, respektive Mundarbeit. Manches hat sich in heutigen Zeiten geändert – geblieben aber ist die Tatsache, dass die Glasmacherei am heißen Ofen nach wie vor ein harter, schwerer Beruf ist. Die Nachwuchssuche ist schwierig.
Die Beschäftigten dieser Hütten haben eine eingeschworene Gemeinschaft gebildet und die Betriebsgeheimnisse der Glasherstellung streng gehütet. Meistens wurde deswegen auch untereinander geheiratet, wodurch sich regelrechte Glasmachersippen gebildet haben. Manches hat sich in heutigen Zeiten geändert – geblieben aber ist die Tatsache, dass die Glasmacherei am heißen Ofen nach wie vor ein harter, schwerer Beruf ist, für den schwer guter Nachwuchs zu finden ist. Renate Rossberger hat einem Meister und einem Glasmacher-Azubi zuschauen dürfen.
Glas - hart und scharfkantig, wenn es fertig ist. Aber vorher: weich und fließend wie Honig:
Zwei Glasmacher, zwei Generationen. Manuel Ertl ,21, hat seit einem Jahr seine Lehre fertig, ist eine Ausnahme. Walter Fuchs, 55, hat Glasmacher gerelnt, als es das noch selbstverständlich war im Bayerischen Wald. Schon sein Vater und sein Großvater waren Glasmacher.
Und heute ? Würde Walter Fuchs keinem mehr dazu raten, auch Manuel Ertl nicht, seinem jungen Kollegen, mit dem er zusammen am Glasofen steht:
Manuel ist mit Abstand der jüngste der vier Glasmacher in der Traditionsglashütte Eisch in Frauenau. Als Walter Fuchs hier gelernt hat, waren es noch um die 70 Glasmacher. Ferne Zeiten, auch für den Glashüttenherrn Eberhard Eisch.
Wie krisengeschüttelt die Glasbranche im Bayerischen Wald ist, hat Walter Fuchs selbst erlebt. 2006 hat er bei Eisch gekündigt, am Tiefpunkt der Glaskrise:
"Da habe ich nach einem anderen Beruf geschaut. Immer noch in der Glasbranche. Es gibt eben einiges, was die Maschine nicht kann."
Walter Fuchs
Die Glasindustrie kann aber viel. Maschinen spucken heutzutage überall auf der Welt Trinkgläser aus, im Sekundentakt. Gläser sind billige Massenware. Vieles kommt aus Fernost. Der Preisdruck ist groß. Auch die Maschinenglashütte in Frauenau wird demnächst geschlossen. Walter Fuchs wechselte deshalb wieder zurück zur Mundglashütte Eisch.
Glas ist ein besonderer Werkstoff. Man braucht Jahre, um ihn wirklich zu beherrschen. Mehr als 1.200 Grad heiß, orange glühend ist die Masse, wenn Manuel Ertl sie mit einem langen dünnen Eisenrohr aus dem Glasofen holt:
Das Kölbl, eine kleine, exakt runde Glaskugel, ist der Ausgangspunkt für alles, für ein Trinkglas genauso wie für eine Vase oder einen Kerzenleuchter. Vier Glasmacher arbeiten immer Hand in Hand für ein einziges Weinglas. Die schwierigste Arbeit sind Stil und Boden. Das machen immer nur die ganz erfahrenen Glasmacher.
Manuel Ertl wird noch Jahre brauchen, bis er Stil und Boden machen kann. Dabei hat er schon drei Jahre Lehre in der Glasfachschule hinter sich und ein Jahr bei Eisch. Aber so schwierig ist das es nun mal, das Glasmachen zu lernen. Der junge Zwiesler kam nach dem Realschulabschluss über ein Praktikum zum Glasmachen und es stört ihn nicht, dass sein Beruf vielleicht nicht krisenfest ist:
"Wir haben gesagt bekommen, dass man das was man lernt, vielleicht nicht ein Leben lang machen kann. Aber es ist mein Stolz, Glasmacher zu sein in so einer langen Tradition zu stehen."
Manuel Ertl
Aber ob Manuel Ertl ein guter Glasmacher wird, das weiß er erst in ein paar Jahren. Auch das war immer schon so in diesem Beruf, war nur früher, wo man viele Lehrlinge hatte, kein Problem für die Glashüttenherren.
Heute sucht Eberhard Eisch händeringend weitere Lehrlinge. Glasmacher bleiben Mangelware. Dabei gäbe es wieder genug Kunden für handgemachtes Glas, nicht so sehr in Deutschland, eher in Fernost, also dort, wo die billige Massenware für die Deutschen herkommt. Verkehrte Welt.
"Diejenigen Chinesen, die es sich leisten können, kaufen europäische Produkte. Und die Chinesen schätzen Produkte made in Germany. Und so mancher Deutsche kauft billiges Glas."
Eberhard Eisch