Bayern 2 - Zeit für Bayern


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Liebesromantik in Straubing Agnes-Bernauer-Turm und -Garten genießen

Über 550 Jahre ist die Geschichte alt. Agnes und Albrecht heiraten, aber die unstandesgemäße Herzogin wird 1435 in der Donau als Hexe ertränkt. Das Schloss, in dem die beiden gelebt haben, steht bis heute am Donau-Ufer. Im Agnes-Bernauer-Turm soll die schöne Baderstochter vor ihrem Tod gefangen gehalten worden sein. Im Agnes-Bernauer-Garten hat sie vielleicht auf die Henkersknechte gewartet. Der Garten ist bis heute ein Kleinod.

Von: Birgit Fürst

Stand: 01.05.2016 | Archiv

Page Jasmin auf der Bühne | Bild: Festspielleitung / Jürgen Sperl

"Sehr sehr lauschig, sehr grün, hat erholungswert dieser Garten. Der is wunderschön.  I find'n a ruhig entspannend, v.a. im sommer, wenn's warm is, kann man sich schee in die Sonne eine sitzen, is recht angenehm."

Besucher im Agnes-Bernauer-Garten

Nur ein paar Schritte vom wuseligen Stadtplatz entfernt mit den Geschäften, der Hektik, dem Stress - hinter einer weiß getünchten Ziegelmauer – liegt der Agnes-Bernauer-Garten. Wer ihn betritt, hat das Gefühl, die Zeit ist ein bisschen stehen geblieben.

Flieder im Vollfrühling

Ein riesiger Flieder verströmt betörenden Duft, der Lärm der Stadt ist gedämpft, die Augen freuen sich über Grün in allen Schattierungen, vom dunklen Efeu über sattgrünen Buchs bis hin zu hellem Gras. Und bekrönt ist das Ensemble an einer Ecke von zehn Zinnen über einem roten Ziegeldach auf einem halbrunden Turm mit einer romantischen Holzbalustrade. Das sieht aus wie eine Kulisse für Romeo und Julia. Doch halt, stopp. Was ist denn heute hier los? Nix ist es mit Ruhe:

"Nix gwies woaß ma ned, aber was ma hört, hat der Albrecht a Weibs mit nach Straubing bracht.. … erdäpfel und zwiefel… da Albrecht hat a Frau nach Straubing mitbracht aufs Schloss.. mi trifft der Schlag… i habs gsehn, i habs gsehn,,,, wen hast gsehn… wie schauts aus, wie hoaßt, .. sie hoaßt, puh is mir hoaß, sie hoaßt… i kanns kaum daschnaufa: sie hoaßt Agnes: wie kann ma denn bloß Agnes hoaßen… is a Scheene oder Fürstentochter oder Gräfin: aus einer Badstube kommts… was. – ja wenn des so is, hätt er mi a nemma kenna… und was sagt sei Vata dazu."

Volksszene im Theatersück

Albrecht und Agnes in der Baderszene

Wir sind mitten drin in einer Theaterprobe. Franziska, Lisa, Sofia und Carina zerreißen sich als Marktfrauen die Mäuler über die Baderstochter Agnes Bernauer, die der Herzogssohn Albrecht mit ins Schloss nach Straubing gebracht hat  Aufgeregte Jungschauspieler warten auf ihren Auftritt. Kleine Ritter und edle Burgfräulein spielen Fangerl. Vom Vatertag am kommenden Donnerstag an bis zum Muttertag erzählen rund 30 Kinder die Geschichte „Da Albrecht und sei Agnes“. Der sonst so ruhige Garten wird an vier Nachmittagen zur Theaterbühne – und dafür eignet er sich bestens, denn das Gelände steigt steil an, wie in einer Arena, vom Turm aus hinauf zum einstigen Rentamt, einem Teil des Schlosses. Die Kinder sind begeistert dabei:

"Des macht Spaß des Nachzumspuin, weil des is ja koa Märchen, des is ja echt und deswegen fand i es a bisschen spannend, des nachzumachen."

Schauspielerin

Und noch dazu am Original-Ort. Schließlich war die arme unstandesgemäße Agnes in dem Turm eingesperrt, bevor sie als Hexe  in der Donau ertränkt wurde. Halt – schon wieder Stopp – das ist eine der dreistesten  Lügen der Stadtgeschichte, amüsiert sich Stadtarchivarin Dorit Krenn:

Der Agnes-Bernauer-Turm im Schlossgarten

"Es ist eine kühne Lüge, wie ein Bayerischer Minister im 19.Jahrhundert festgestellt hat – eine kühne Lüge, dass die Agnes Bernauer in diesem Turm gefangen gehalten worden ist. Das ist ein Befestigungsturm. Der ist um 1480 erbaut worden, weil Herzog Albrecht IV befohlen hat, dass unsere Stadtbefestigung besser werden muss, weil unsere Stadt nicht so 'nothdürftig zur Wehre bereit ist' wie andere seiner Städte und dann hat man die Stadtbefestitgung erhöht, erweitert und diesen Turm als Verteidigungsturm errichtet, der ursprünglich offen war. Und erst im 19.Jahrhundert hat man zwei Räume und diese schöne Holzbalustrade geschaffen, diesen Aufgang als Sommerlustsitz. Die Agmes Bernauer ist schon 1435 in der Donau ertränkt worden. Da war von diesem Turm noch lange nicht szu sehen."

Stadtarchivarin zitiert

Doch wie konnte es zu dieser Lüge um den romantischen Turm kommen? Der Übeltäter war 1830 zugange:

"Es war ein junger Baupraktikant, der in Diensten der Regierung dieses Schloss aufnehmen hat müssen und der hat auf einen Plan geschrieben: Bernauer-Turm. Und seitdem war das der Bernauer-Turm. Und das ist fantastisch, wie seitdem, im 19.Jahrhundert schon Zeichnungen, Radierungen, Postkarten in Mengen fabriziert worden sind, wo immer drunter gestanden ist: Gefängnis der Agnes Bernauer. Und seitdem hat er auch diesen Namen."

Stadtarchivarin Dorit Krenn:

Keine Agnes also im Bernauer-Turm. Doch im Agnes-Bernauer-Garten steht sie trotzdem, lebensgroß am oberen Ende der Treppe, die durch den Garten hinunter Richtung Donau führt. 2004 hat der Künstler Christoph Pommer die Herzogin in Türkis und bronzefarben gestaltet. Fünf Stufen unter ihr steht der Weltennarr, der zu ihr zu sagen scheint: "Mensch, Bernauerin, glaubst Du wirklich an die Liebe?" Sie schaut an ihm vorbei, schreitet hinab auf ihr Schicksal zu. Vielleicht ist die echte Bernauerin in diesem Garten wirklich Lust gewandelt, denn

"Dieser Bernauergarten ist der Schlossgarten, das ist natürlich nicht unwahrscheinlich, dass hier die Bernauerin war, weil es der Garten zum Schloss war. Der Turm war noch nicht da, aber der Garten war zum Schloss gehörig schon vorhanden."

Dorit Krenn

Heute überragen den Garten mächtige Bäume, darunter der einzige weibliche Ginko Straubings. Am Turm klettert eine alte, wilde Rose empor. Romantik pur. Kein Wunder, dass jetzt im Mai fast jedes Wochenende Hochzeitspaare hierher kommen, um sich fotografieren zu lassen. Zugänglich sind Garten und Turm über die Stadtbibliothek im angrenzenden Salzstadel. Wer möchte, kann sich aus der Bibliothek einen Kaffee und eine Zeitung mitnehmen und auf einem der bequemen Teak-Holz-Sessel das besondere Ambiente genießen.  Man könnte auch zu zweit hierherkommen auf ein Rendezvous am romantischsten Ort der Stadt – doch darüber schweigen wir hier lieber.


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