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Erhalt durch Wandel Wie die Synagoge Wiesenbronn als Wohnhaus bewahrt wird

In Wiesenbronn im Lkr. Kitzingen hat die jüdische Synagoge die Reichs-Pogromnacht damals im November 1938 unbeschadet überstanden, weil das Gebäude nur Monate zuvor verkauft worden war. Nach einer wandelvollen Geschichte ist diese ehemalige Synagoge heute das Wohnhaus eines Ehepaares. Ihnen ist es zu verdanken, dass die Synagoge von Wiesenbronn nun in neuem, altem Glanz erstrahlt.

Stand: 01.01.2017 | Archiv

Der Beetsaal – fast sieben Meter hoch. An den Wänden Ornamente in kraftvollen Farben: Ein sattes Goldgelb mit Rot - oben, an der blauen Decke, ein Sternenhimmel. Das ist heute das Wohnzimmer von Michaela und Reinhard Hüßner, ein besonderer Ort, der sie immer wieder mit Ehrfurcht erfüllt.

Vor über 11 Jahren fanden die Hüßners in Wiesenbronn ihre Traum-Immobilie. Michaela Hüßner erinnert sich noch genau an jenen Tag, an dem ihr Mann einen Zettel entdeckte.

Ein Dokumentationszentrum erinnert an die Geschichte der Synagoge.

1793 wurde dieses Haus in Wiesenbronn gebaut und eingeweiht. Bis 1938 war es die Synagoge für die jüdische Landgemeinde. Dann wurde die Synagoge profanisiert: Bänke, Altar und die Kanzel wurden zersägt  und nach jüdischem Brauch auf dem Friedhof beigesetzt.  Vier Monate vor der Reichs-Pogrom-Nacht   wurde die Synagoge an den Nachbarn verkauft.

1950 erfuhr das Gebäude einen Wandel: Im Beetsaal wurden eine Decke und Trennwände eingezogen. Die neuen Eigentümer vergrößerten Fenster oder mauerten sie zu und schafften so neue Zimmer und Platz für eine große Familie.

Die Hüßners als heutige Eigentümer haben all das rückgängig gemacht. Sie haben die Synagoge mit dem Beetsaal in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt:

Die Mykwe, das wieder freigelegte Tauchbad

Auch die Mykwe, das rituelle Tauchbad der Juden, war bis oben hin aufgefüllt mit Bauschutt. In den gut 8 Jahren, die für Umbau und Sanierung vergingen, kamen auch zahlreiche Fundstücke ans Tageslicht, die heute in einem Dokumentationsraum im Erdgeschoss ausgestellt sind.

Im Februar haben die Hüßners den Abschluss aller Sanierungsarbeiten gefeiert. Sogar Dr. Josef Schuster, der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland  kam von seinem Wohnort Würzburg zu diesem Festakt nach Wiesenbronn.

Es war ein Kraftakt, dieses Haus umzubauen, zu sanieren und es in seinen ursprünglichen Zustand zurück zu versetzten, auch finanziell, bestätigt Michaela Hüßner.

Ausgrabungsstgätte im Hof in einer Garage

Im Sommer kam Professor Bernd Päffgen vom Institut für Vor- und Frühgeschichte der Ludwig Maximilians Universität München  mit Studenten nach Wiesenbronn.  Sie haben gegraben und weitere Relikte des jüdischen Lebens draußen im Hof vor der Synagoge gefunden: Reste eines Tora-Gehänges, alte Münzen.  Und sie werden demnächst weiter  graben, nach Spuren des jüdischen Landlebens, die bis ins Mittelalter zurückreichen könnte. Auch dafür kann sich der neue Hausherr Reinhard Hüßner begeistern:

Ab dem Frühjahr wollen die Hüßners ihr Wohnhaus, die ehemalige Synagoge von Wiesenbronn, für Besucher öffnen. Zwei Mal im Monat kann man dann den Dokumentationsraum und die Mykwe besichtigen.


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