Trockene Genußregion Mainfranken Freud und Leid der Trockenheit
Mainfranken ist immer trockener als andere Landschaften in Bayern. So ist es an der Zeit, der Frage nachzugehen, wie sich die schlimme Trockenheit auf die bayerische Genießerregion auswirkt. Nathalie Bachmann hat Freud und Leid erlebt.
Die Volkacher Mainschleife. Sanft schmiegt sich das Örtchen Escherndorf an die Weinberge. Wie ein Scheinwerfer strahlt die Sonne die wohl bekannteste Lage an: den Escherndorfer Lump. Von seinen Weinen schwärmte schon Goethe.
Winzer Horst Sauer ist weniger nach philosophieren zumute. Ihm stehen seit Tagen die Schweißperlen auf der Stirn.
„Wir stehen hier vor einer Silvaner-Anlage im Filetstück des Lumps. Es ist hier momentan richtig hitzig, richtig heiß. Hier unten schätze ich, dass wir um die 32 bis 34 Grad haben. Wenn wir hochgehen würden, haben wir um die 35“ Horst Sauer
Den Beeren schadet die Hitze nicht, im Gegenteil: Sie wachsen kräftig, sind jetzt schon so groß wie Schrotkörner.
„Die Reben lieben Sonne. Deswegen ist die Wärme und die Hitze für den Genuss der Weine positiv. Ich glaube, in der Vegetation sind wir so zehn Tage voraus, weil wir die warm-heiße Witterung haben.“ Winzer Sauer
Weniger gut können die Rebstöcke mit der Trockenheit umgehen. Vor allem die jungen, die nicht so tief wurzeln, haben mächtig Durst. Um den zu stillen, hat Sauer eine Tröpfchenbewässerung installiert. Andere Winzer setzen in Zeiten des Klimawandels auf Rebsorten, die mit der Hitze besser klarkommen. Für Sauer ist das keine Lösung.
"Es wäre schade, wenn wir auf Chardonnay oder internationale Rotweinsorten umstellen müssten, weil dann wären wir international austauschbar und das sind wir mit den regionalen Rebsorten nicht."
Horst Sauer
Deshalb bleibt Horst Sauer den typisch fränkischen Sorten wie Silvaner und Müller-Thurgau treu.
Unterhalb vom Escherndorfer Lump schlängelt sich der Altmain durch die Landschaft. Außer der Fähre dürfen hier keine Schiffe fahren. Stattdessen planschen Kinder im Wasser, ein Pärchen lässt sich im Schlauchboot treiben. Ein kleiner Sandstrand, ein paar Strandkörbe – und schon ist die Illusion perfekt.
"Du hast das Gefühl, du bist ein bisschen wie im Urlaub. Viel Natur, das schöne fließende Wasser, die Fähre, das Ambiente. - Hier kann man toll baden, das Wasser ist sehr angenehm, richtig schöne kleine Badebucht. Toll, fast wie am Meer. -Wir habens gut. Hier machen so viele Urlaub, und wir wissen das gar nicht zu schätzen."
Erholungssuchende am Altmain
Wenige Kilometer weiter nördlich, in Fahr, baut Klaus Blendel Obst an. Seine Tochter Leonie steht vor einem Kirschbaum und greift nach den Früchten.
"Die Sorte heißt Cordia. Das ist eine der besten vom Geschmack her. Sie ist sehr süß, innen dunkelrot, knackig. Man sieht: Die wachsen alle nicht mehr viel oder gar nicht mehr. So sind sie zu klein für den Markt."
Klaus Blendel
Klaus Blendel hat den Betrieb 2003 von seinem Vater übernommen. Seitdem kämpft er regelmäßig gegen die Trockenheit. In diesem Jahr sei es extrem, erzählt er. Die Früchte würden sich nicht weiterentwickeln und teilweise abfallen.
"Hier habe ich einen Brunnen. Ich bin begrenzt, mit einem Brunnen kann ich nicht 10.000 Bäume machen, da habe ich nur 2.000 die Möglichkeit, die anderen müssen mit Traktor und Wasserfass – hohe Aufwand, hohe Kosten müssen die dann bewässert werden."
Klaus Blendel
Der Obstanbau entlang der Mainschleife lohnt sich für viele nicht mehr. Immer mehr Betriebe geben auf und verpachten ihre Flächen an Landwirte. Und die bauen Mais an statt Äpfel und Zwetschgen. So verändert die Landschaft nach und nach ihr Gesicht – weil der Regen fehlt.
"Wir haben schon überlegt, ob Fahr der trockenste Ort Deutschlands ist, weil es ist echt extrem. Hier kommt kaum Regen runter. Hier wird irgendwann die erste Wüste Bayerns entstehen, das ist echt Wahnsinn!"
Klaus Blendel
Tatsächlich zählt Mainfranken zu den trockensten Regionen in Deutschland, sagt Klimaforscher Heiko Paeth von der Uni Würzburg.
"Wir bekommen immer dann Trockenheit, wenn sich Hochdruckausläufer ins südliche Mitteleuropa ausdehnen. Das ist v.a. das Azorenhoch, das hier eine Rolle spielt. Und das ist was, was wir mittlerweile seit Wochen haben und was wir auch in vielen der vergangenen Sommer beobachtet haben: dass wir diese stabilen Hochdrucklagen bekommen, die dafür sorgen, dass die Tiefausläufer, die uns normalerweise auch im Sommer mit Niederschlag und feuchten Luftmassen versorgen, nach Skandinavien abwandern."
Heiko Paetz
Anders in Südbayern: Dort werden feuchte Luftmassen gegen die Alpen gepresst, steigen auf und regnen ab.
Ändern kann man am Wetter freilich nichts. Also lautet die Devise: anpassen und sich trauen, auch mal andere Wege zu gehen. So wie Stefan Lettner. Er hält in den Haßbergen Kamele.
Als er sie ruft, heben die Tiere kurz ihre Köpfe und trotten dann in aller Seelenruhe über die große Wiese am Ortsrand von Goßmannsdorf.
"Ganz gemütlich marschieren die… Das ist einfach Kamel. Einfach energiesparen und möglichst entspannt durch die Welt, dass man nicht so viel Energie verbraucht wenn die große Hitzeperiode kommt. Hier ist schon so, dass es relativ wenig Futter gibt. Da bietet sich ein Kamel an. Die tun einfach extrem gut haushalten mit dem Wasser. Aus dem Stroh ziehen die noch Wasser raus."
Kamelzüchter Stefan Lettner
Touristen können auf dem Rücken der Kamele die Gegend erkunden – oder mit Lamas wandern gehen. Beides sehr beliebt.
"Man wird ausgebremst aus dem Alltag. Nicht dieses Hektische rumrennen – selbst wenn man rennen will und das Lama in der Hand hat oder das Kamel – man muss langsamer werden, weil die machen einfach nicht schneller und dann kommt man von allein runter."
Stefan Lettner
Einfach mal runter fahren und so Energie sparen – hört sich gut an. Vielleicht lässt sich so ja der heiße Sommer in Unterfranken besser ertragen.