Bayern genießen im Juli Wasser
„Wasser ist der Ursprung von allem, das Prinzip aller Dinge; aus ihm ist alles, und ins Wasser kehrt alles zurück“, formulierte schon Thales von Milet um 600 vor Christus. Bayern ist ganz besonders reich an Wasser.
Thales, der als erster abendländischer Philosoph gilt, hatte reichlich Erfahrung mit dem Wasser – er soll in jungen Jahren bei der Beobachtung der Sterne des Himmels, die sich im Wasser spiegelten, in einen Brunnen gefallen sein, im hohen Alter dagegen ist er schließlich an zu wenig Wasser gestorben – schlicht verdurstet, während er in bei großer Sommerhitze einem Sportwettkampf zuschaute. Das ist auch der Grund, warum wir die heutige Bayern-genießen-Ausgabe unter das Motto „Wasser“ stellen, damit uns das in diesen Weltmeisterschaftstagen nicht passiert. Das sind unsere Themen heute.
Die Themen aus Bayern
Berühmtes Wasser. Der Sprudel aus dem oberpfälzischen Kondrau.
Starkes Wasser. Die Höhlen in der fränkischen Schweiz.
Kostbares Wasser. Die unterfränkische Wasser-Schatzkiste.
Heiliges Wasser. Das Korbiniansbrünnlein von Weihenstephan.
Ausgezeichnetes Wasser. Die historische Augsburger Wasserwirtschaft.
Gutes Wasser. Die Leitung oder die Flasche – ein Vergleich.
Oberpfalz
Das Kondrauer
Wasser ist nicht gleich Wasser. Denn Wasser ist in den seltensten Fällen chemisch reines H2O. Regenwasser löst bereits aus der Atmosphäre Salze und Säuren, wie etwa die Kohlensäure. Auf dem Weg durch den Boden löst die Kohlensäure dann allerhand Mineralien aus, also feinste Gesteinspartikel. Diese Mineralien, die wir, wenn das Wasser aus der Leitung kommt, meistens schlicht aber unzutreffend „Kalk“ nennen, machen pures H2O schließlich zum Mineralwasser, das je nachdem, wo Brunnen oder Quelle liegen, unterschiedlich schmeckt.
So kommt es, dass manche Wässer für ihren ganz speziellen Geschmack weit überregional berühmt wurden: Überkinger aus Überkingen in der Schwäbischen Alp oder Selters aus Niederselters im Taunus etwa wurden zum Inbegriff von Mineralwasser. Auch in Bayern gibt es eine solche Quelle, deren Name schon seit ältesten Zeiten als Synonym für Mineralwasser gilt. Sie liegt in Kondrau bei Waldsassen in der Oberpfalz, weshalb es heute noch vielerorts in Bayern heißt „Ich trink ein Kondrauer“.
Mittel- und Oberfranken
Die fränkischen Tropfsteinhöhlen
Viel Mineralien hartes Wasser, wenig Mineralien weiches Wasser. Vielleicht kennen Sie das Phänomen: In Gebirgsgegenden ist das Wasser manchmal so weich, dass man damit kaum die Seife von der Hand waschen kann. Der einfache Grund. In den Bergen ist der Weg des Wassers durch den so kurz, dass nur wenig Mineralien ausgelöst werden können.
Ist der Weg lang, reichert sich das Wasser mit mehr Mineralien an. Wenn das Wasser in der Luft verdampft, lässt es diese Mineralien zurück. Wer einen Wasserkocher betreibt, ärgert sich dann über die Rückstände in den Kochgefäßen, den sogenannten Kalk – nichts anderes als die Mineralien aus dem Wasser. Ein ganz natürlicher Vorgang, der selbstverständlich auch ohne Kochen funktioniert. Das Ergebnis lässt sich besichtigen – in Tropfsteinhöhlen. Beispielsweise in den Kalkgebirgen der schwäbischen, fränkischen oder bayerischen Alp.
Die Teufelshöhle in Pottenstein etwa ist die größte der Tropfsteinhöhlen in der Fränkischen Schweiz, aber auch die anderen Höhlen dort haben es in sich. Ob in der Binghöhle bei Streitberg oder in der Sophienhöhle im Ahorntal. Über Jahrtausende haben sich überall traumhafte Tropfsteine gebildet. Da ist der Wasserkalk dann plötzlich schön.
Tropfsteinhöhlen: 100% Luftfeuchtigkeit bei 6,8 Grad Celsius. Die nasskalte Luft hat es in sich. Beim Einatmen erwärmt sie sich, wodurch die Luftfeuchtigkeit auf 20% absinkt. Nicht einmal in der Sahara ist die Luftfeuchtigkeit geringer. Diese trockene Luft wiederum entzieht beim Einatmen den Schleimhäuten, dem Körpergewebe Flüssigkeit – eine Wohltat beispielsweise für Asthmatiker oder Allergiker. Weshalb etwa die Teufelshöhle bei Pottenstein für sogenannte Heilstollentherapie geeignet ist. Von heute bis zum 18. Juli gibt es dort zum Beispiel Liegekuren mit medizinischer Betreuung.
Mainfranken
Die Wasserschatzkiste
Vielleicht hilft über manchen verregneten Sommertag das Bewusstsein hinweg, dass Bayern gerade wegen seines vielen Regens ein gesegnetes Land ist. Der wirtschaftliche Reichtum, der quer durch die Geschichte alle Länder der Alpenregion auszeichnet, rührt letzten Endes vom Wasser her, das es hier im Überfluss gibt. Doch das gilt genaugenommen nur für Altbayern und Schwaben südlich der Donau. Nördlich davon nimmt der Wasserreichtum schnell ab. Weshalb der Main-Donau-Kanal nicht nur der Schiffahrt dient, sondern auch dazu genutzt wird, Wasser aus dem wasserreichen Süden in den wasserarmen Norden Bayerns pumpen zu können.
Kein Regierungsbezirk in Bayern hat einen so großen Wassermangel wie Unterfranken. Die unterfränkische Regierung hat deshalb schon vor vielen Jahren die „Aktion Grundwasserschutz“ ins Leben gerufen, mit der sie das Bewusstsein für den Wert des Wassers schon in den Kindergärten wecken will. Jeder Tropfen zählt – das sollen bereits kleine Kinder spielerisch erfahren, zum Beispiel mit der sogenannten „Schatzkiste Wasser“.
So ist es Und bloß was feucht ist kann wachsen und groß und stark werden. So wie die Fichte, die viel Wasser braucht und deren Name deswegen mit „feucht“ zusammenhängt.
Oberbayern
Das Korbiniansbrünnlein in Freising
Jede Quelle, jedes Wasser ist kostbar – zumindest im übertragenen Sinn. Im konkreten Sinn kost-bar, köst-lich, also genießbar ist nicht jedes, denn Wasser kann natürlich auch schlimm verunreinigt sein. In unseren Städten des Mittelalters, wo in nächster Nähe des jeweiligen Hausbrunnens der Abtritt war, grassierten schlimme Krankheiten, die vom schlechten Wasser herrührten. Kein Wunder, dass gerade in dieser Zeit zahlreiche Geschichten aufkamen von wundertätigen Brunnen.
Manche Quellen haben schon allein deswegen als heilig gegolten, weil sie sauber waren und umgekehrt wurden manche Quellen auch als heilig erklärt, damit sie sauber geblieben sind. Noch heute sind ja die heiligen Quellen überall in Bayern Legion. Aber man muss unterscheiden: Heilquellen mit richtig gesundheitsförderndem Wasser haben bekanntlich schon in der Antike als heilig gegolten Heil und heilig ist ja nicht von ungefähr das gleiche Wort. Und so kommt es, dass ganz alte, oft vormittelalterliche heilige Quellen meistens auch regelrechte Heilquellen sind. Ob das Wasser des Freisinger Korbiniansbrünnleins tatsächlich heilkräftig ist, das hat noch niemand untersucht. Tatsache aber ist, dass es sich dabei um das womöglich älteste Quellheiligtum Bayerns handelt. Eine Einladung zu einer Zeitreise.
Gut möglich, dass bereits die älteste Brauerei der Welt, die Klosterbrauerei Weihenstephan, immer schon das Wasser der Korbiniansquelle genutzt hat. In dieser Form, als Bier, ist das Wasser jedenfalls gesund. Übrigens: Immer am ersten Sonntag im Monat, also auch heute Nachmittag, wird der Brunnenstollen am Südhang des Weihenstephaner Berges für Besucher geöffnet. Der Stollen zum Brünnlein gilt als ältestes noch erhaltenes Mauerwerk der Stadt Freising, das Alter wird auf bis zu 1200 Jahre geschätzt.
Schwaben
Augsburg und das Wasser
Weil das Hauswasser im Mittelalter und in der frühen Neuzeit oft ungenießbar war, trank man damals entweder Wein oder man braute aus dem Wasser Bier – da war es ja dann abgekocht. Weil aber der Körper zum Abbau von Alkohol im Blut wiederum Wasser ausscheidet, kam es durch den notorischen Wassermangel häufig, besonders bei wohlhabenden Leuten, die sich ausschließlichen Wein- und Bierkonsum leisten konnten, zu extrem schmerzhaften Nierensteinerkrankungen. Wegen seiner Nierensteine beispielsweise machte sich der französische Landadelige, Politiker und Philosoph im Jahr 1571 auf eine Wasserkurreise durch Süddeutschland, die Schweiz und Italien. Und eigens für die Brunnen und Wassertürme der Reichsstadt Augsburg, die damals bereits als Weltwunder galten, machte er dabei einen Umweg über den Lech. Er bewunderte die „wunderbar sinnvolle Einrichtung“ des Wasserwerks am Roten Tor und hielt in seinem Reisetagebuch fest, dass
"allein dank dieses Systems überreich mit öffentlichen Brunnen gesegnet ist. Wenn ein Bürger einen privaten Anschluss will, wird es ihm gegen eine laufende Gebühr von zehn oder eine Einmalzahlung von 200 Gulden genehmigt."
Beobachtung auf der Wasserkurreise
Was einst die Weltwunder waren sind heute die Stätten des Unesco-Welterbes. Und die Chancen stehen gut, dass die historischen Augsburger Wasserwerke bald in diese illustre Runde aufgenommen werden. Die Kultusministerkonferenz der Länder hat vor kurzem den Antrag „Wasserbau und Wasserkraft, Trinkwasser und Brunnenkunst in Augsburg“ nominiert.
Welchen Genuss „Wasser in Augsburg“ früher geboten hat und bis heute bietet, das sehen und hören Besucher bereits jetzt bei sogenannten Wassertouren.
Privater Wasseranschluss schon vor 500 Jahren! Das war Luxus.
München
Die Lust am Leitungswasser
Die Dosis macht das Gift, das wusste vor 500 Jahren bereits der berühmte Paracelsus. Und so kann man sich letztendlich auch vom saubersten Wasser eine Wasservergiftung holen – ja gerade vom reinen Wasser. Denn je weniger Salze und Mineralien ein Wasser hat, desto weniger erfüllt es seine Aufgabe im Körper, der ja zu einem Großteil aus Wasser besteht.
Rund 2,4 Liter Wasser verlieren wir täglich – und damit auch die lebensnotwendigen Salze und Mineralien. Das ist der Grund, warum der Schweiß salzig schmeckt.
Wer den Wasserverlust bei heißem Wetter oder großen Anstrengungen mit wenig mineralhaltigem Wasser, wie beispielsweise Regenwasser, geschmolzenem Schnee oder destilliertem Wasser ausgleichen will, kann sich schnell Schwindel, Übelkeit und Erbrechen einhandeln; die niedrigen Natriumwerte können zur Desorientierung und zu ernsten Hirnfunktionsstörungen führen. In Extremfällen kann eine Wasservergiftung in Verbindung mit Natrium- also Salzmangel auch andere Organe schädigen und tödlich enden.
Also Wasser trinken! Je mineralreicher, vulgo kalkhaltiger, desto besser!
Und letztlich ist es eine Geschmacksfrage, ob es sich lohnt, literweise schwere Pakete oder Kisten mit Mineralwasser nach Hause zu schleppen oder ob man einfach den Wasserhahn aufmacht.
Leitungswasser verfeinern - einfache Rezepte
Wassersprudler
Wem Mineralwasser zu teuer und Leitungswasser zu lasch ist, der kann das kühle Nass aus dem Wasserhahn aber auch ganz einfach „aufpeppen“. Viele leisten sich einen Soda Maker, der stilles Wasser spritzig macht. Das ist allemal bequemer und billiger als Mineralwasserflachen nach Hause zu schleppen.
Minze
Erfrischend wird Leitungswasser im Sommer mit ein paar Stängel frische Minze, mit Zitronengras oder etwas Zitrone und ein paar Eiswürfeln.
Ingwer
Frisch geschnittener Ingwer und etwas unbehandelte Zitrone machen aus jedem normalen Trinkwasser einen Jungbrunnen. Nicht nur Starkoch Alfons Schuhbeck schwört darauf.
Rosenblätter
Besonders dekorativ und garantiert ein Erfolg bei Gästen ist es Rosenblätter in Eiswürfel einzugefrieren und die dann ins Trinkwasser zu geben.
72% der Erdoberfläche bestehen aus Wasser – zum Großteil übrigens aus extrem mineralhaltigem Salzwasser. Und es ist kein Wunder, dass der menschliche Körper ebenfalls zu rund drei Vierteln aus Wasser besteht. Wasser mit Salzen und Mineralien ist unser Lebenselixier. Umso schlimmer, wenn wir es verunreinigen – noch viel schlimmer als im Mittelalter – mit Pestiziden oder künstlichen Hormonen. Noch aber können gerade wir Bayern in puncto sauberem Wasser noch aus dem Vollen schöpfen.
Viele unserer bayerischen Brauereien aber auch die Mineralwasserbrunnen und zahlreiche Wasserwerke holen ihr Wasser aus großer Tiefe. Rund zehntausend Jahre beispielsweise hat das Ingolstädter Wasser gebraucht, bis es in rund 237 Metern Tiefe angekommen war. Das heißt es stammt aus Regenfällen vor mindestens 10.000 Jahren. Vor 10.000 Jahren! Da war Steinzeit auf der Welt. Noch nicht einmal die Landwirtschaft war erfunden. Sauberer kann ein Wasser nicht sein. In diesem Sinn wünsch ich Ihnen einen innerlich feuchten und äußerlich trockenen und warmen Sonntag-Nachmittag.
Wasser
Das war Bayern genießen im Juni – mit Gerald Huber und Beiträgen aus den sechs BR-Regionalstudios. Thomas Muggenthaler aus dem Studio Ostbayern stellte das bayerische Mineralwasser schlechthin, das Kondrauer vor. Peter Braun aus dem Studio Nürnberg führte uns in die Tropfsteinhöhlen der fränkischen Schweiz. Die unterfränkische Wasserschatzkiste stellte uns Irina Hanft vom Studio Mainfranken vor. Der Beitrag über das Weihenstephaner Korbiniansbrünnlein kam von Birgit Grundner aus unserer Redaktion Oberbayern, Uli Kieswetter von der Schwabenredaktion erzählte von der historischen Wasserwirtschaft in Augsburg und Hannelore Fisgus hat Mineralwasser und Leitungswasser miteinander verglichen.