Bayern 2 - Zeit für Bayern


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Cool Bavaria Eine Reise durch Bayerns junge Kulturszene

Plötzlich war es da, das neue bayerische Lebensgefühl: jung, anders, schräg, selbstbewusst und weit weg vom lederbehosten "Mia-san-mia" - in Musik, Sprache und Mode. Ein Road-Trip durch das neue Land der Bayern.

Von: Stephan Lina; Online-Fassung: Ulrike Ecker

Stand: 28.07.2017 | Archiv

Cool Bavaria: Eine Reise durch Bayerns junge Kulturszene

"Gustl" war schon immer viel in Bayern unterwegs: Früher oft mit Blaulicht als Krankenwagen beim Katastrophenschutz; heute - auf seine alten Tage - eher gemächlich, wenn er mit seinen 77 PS über Land tuckert auf der Suche nach Cool Bavaria, der neuen bayerischen Identität: selbstbewusst, aber nicht selbstgefällig, traditionell und zugleich weltoffen, regional und zugleich global - vor allem aber: unverkennbar bayerisch.

Vom Spaß- zum Wirtschaftsfaktor

Überall im Freistaat trifft man sie nun, Bayerns junge Wilde: Musiker, Künstler, Handwerker, Unternehmer - und sie haben eine Botschaft: Schaut her, wir kommen aus Bayern, hier sind unsere Wurzeln, dazu stehen wir, aber wir sind auch anders als das übliche Bayernklischee.

"Ich habe das vor 15 Jahren schon gewusst, als ich in Amerika war - da habe ich zu meinem Spezl im Flieger gesagt: Pass auf, Bayern wird das Kalifornien von Europa."

(Tom Bacher, Gründer des Labels LIEBLING)

Wie zum Beispiel Thomas Bacher, der mit seinem Mode-Label LIEBLING selbst zum Liebling der Trachten-Avantgarde wurde. Zugegeben, für Puristen ist ein Trachten-Hoodie nichts. Seine Kapuzenversion des Jankers war eine kleine Revolution: hipper, cooler, internationaler.

Aus der Provinz - und das ist gut so!

Rapper Monaco F. hingegen wollte mehr Bayern, zumindest in der Sprache. Er wollte rappen, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, ohne sich dafür schämen zu müssen. Von Anfang an war es ihm bitter ernst mit seinem Dialekt-Rap. Heute hat er einen Heidenspaß dabei. Und Geld verdient er damit auch noch.

Und Äktschn: Monaco F. live

"Hey, wir sind Bayern. Wir finden es hier auch cool, aber wir sind auch anders. Wir sind keine Trachtler. Wir sind auch nicht konservativ und wir nageln uns nicht die Bayernflagge aufs Hirn."

(Franz Liebl)

Die Rückbesinnung auf die bayerischen Wurzeln trifft noch einen Nerv unserer Zeit: Das Bedürfnis vieler Verbraucher nach individuellen, regional gefertigten und qualitativ hochwertigen Produkten. Dafür steht, um nur ein Beispiel zu nennen, BULLANI, das Mützen-Label aus dem oberfränkischen Bamberg. Dieter Bullmann hat der Region, einst ein globales Zentrum der Hut- und Mützenindustrie, mit seinen Flatcaps etwas von ihrem alten Glanz zurückgegeben.

Das bayerische Wirtshaus - Mission Possible

Vom Bedürfnis nach mehr Klasse statt Masse, nach mehr Regionalität und mehr Qualität war auch Rainer Rohstock getrieben, als er seinen Beruf als PR-Manager an den Nagel hängte und Wirt wurde. Für seinen Kampf gegen das bayerische Wirtshaussterben suchte sich der Quereinsteiger kein fremdenverkehrsgerecht gestyltes Restaurant mit Alpenblick aus, sondern einen eher schmucklosen 50er-Jahre-Bau mitten in einem Ingolstädter Wohnviertel. Sein Ziel ist es, das bayerische Wirtshaus auch jungen Leute wieder schmackhaft zu machen.

Vom PR-Manager zum Wirt: Rainer Rohstock.

"Ich will die Verbindung von Lounge und Almhütte; die Verbindung von Wirtshaus und Cocktail; die Verbindung von bayerisch-echten Zutaten mit einem modernen kulinarischen Anspruch."

(Rainer Rohstock, Wirt der Gaststätte Schwalbe in Ingolstadt).

MUH - das Manifest von Cool Bavaria

MUH steht für Musi und Heimat. Die Zeitschrift, die vier Mal pro Jahr erscheint, ist gewissermaßen der intellektuelle Überbau von Cool Bavaria. Sie hebt sich nicht nur äußerlich von den übrigen bunten Blättern am Zeitungskiosk ab, sondern auch inhaltlich. Das redaktionelle Konzept: nur Themen aus und über Bayern: kritisch, hintergründig, hintersinnig - jenseits von König-Ludwig-Kitsch und Alpen-Klischees, und doch voll bayerischer Lebensfreude. Schließlich liebt MUH-Gründer und Chefredakteur Josef Winkler seine weiß-blaue Heimat zutiefst. Ihretwegen hat der Journalist sogar seinerzeit ein Job-Angebot im angesagten Berlin ausgeschlagen - d i e Gelegenheit für MUH.

Apropos: Josef Winkler ist nicht nur gerne Bayer, er hört auch gerne Bayern 2. Wir sind entzückt!

"Ich höre seit langer Zeit fast rund um die Uhr Bayern 2. Und das war ein starkes Vorbild, und vor allem ein steter Quell von Inspiration, ein Steinbruch für Themenfindung."

(Josef Winkler, Chefredakteur MUH).

Stephan Lina - Autor von "Cool Bavaria"

Stephan Lina (Jahrgang 1971) arbeitet seit 1995 für den Bayerischen Rundfunk. In der Wirtschaftsredaktion beschäftigt sich der Eichstätter Journalist vor allem mit großen Konzernen wie Siemens, Infineon oder Airbus.

Seit einigen Jahren hat er aber auch die Heimat für sich wiederentdeckt. Mit "Gustl", einem früheren Krankenwagen, reisen seine Frau und er regelmäßig kreuz und quer durch Bayern und entdecken dabei immer neue Ecken und Pretiosen. Auf einer solchen Reise entstand auch die Idee zur Reportage Cool Bavaria:

"Ich war früher überall in der Welt unterwegs und habe von dort aus auch sehr spannende Geschichten mitgebracht. Dabei vergisst man aber oft, was für tolle Menschen und Orte es auch in der unmittelbaren Nachbarschaft gibt", sagt der Journalist.


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