Ökokatastrophen, Räuber und grüne Zukunft Das altbayerische Donaumoos
Das Donaumoos zwischen Ingolstadt, Neuburg an der Donau und Pöttmes ist das größte zusammenhängende Niedermoor Süddeutschlands. Bis vor zweihundert Jahren war es noch unzulängliches Sumpfgebiet, dann kamen Entwässerung und intensive Landwirtschaft. Jetzt wird der Reichtum des Mooses neu geschätzt.
Die Ortschaften im Donaumoos haben den Charakter von langgezogenen Straßendörfern: kleine Häuser, oft Altbestand, aber auch neue Arbeitnehmervillen reihen sich auf an den Straßen, die schnurgerade durch die Moosebene führen und von Entwässerungsgräben flankiert werden.
Ackerbau bestimmt das Landschaftsbild, Felder hauptsächlich mit Kartoffeln, Mais und Getreide, aber auch Grünflächen, gräserreiche Feuchtwiesen und kleine Seen sind zu finden, die als Wasserrückhaltebecken dem Hochwasserschutz dienen und gleichzeitig wichtige Biotope für Wasservögel und –pflanzen sind. Was sich heute für den Besucher als beschauliche Kulturlandschaft präsentiert, war bis vor etwa 200 Jahren nahezu unberührtes Natur- und Feuchtgebiet, ein unzugänglicher Sumpf, dessen Irrlichter die Fantasie der Menschen in der Umgebung anregten.
Das Moor hilft das Klima schützen
Das Donaumoos ist vor etwa zwölftausend Jahren entstanden. Nach der letzten Eiszeit hat sich die große Mulde an der Donau zwischen Neuburg und Ingolstadt langsam mit Wasser gefüllt. Organisches Material hat sich darin gesammelt und zersetzt. Eine Torfschicht ist entstanden, die mancherorts bis zu 10 Meter dick war.
Die intensive Landwirtschaft und die etwa 400 Kilometer laufenden Entwässerungsgräben sind ein dramatischer Einschnitt in das Ökosystem des Moores. Die Torfschicht schwindet jährlich um ein bis zwei Zentimeter. Seit Beginn der Besiedelung des Moores vor gut 200 Jahren hat diese sogenannte Moorsackung in manchen Teilen des Donaumooses über drei Meter der Torfschicht verschwinden lassen. Die Folgen sind eine steigende Hochwassergefahr und eine erhebliche Belastung des Klimas.
Der Torf oxidiert an der Luft und macht das Moos zu einem großen CO2-Emittenten Bayerns. Matthias Drösler ist Professor für Vegetationsökologie an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf und ausgewiesener Experte für Moore.
"Sie sind deshalb für den Klimaschutz wichtig, weil durch die Entstehung der Moore einfach sehr sehr viel Kohlenstoff im Moorboden gespeichert ist. Das ist jetzt ein Bereich, da wissen wir eigentlich schon relativ viel durch unsere eigene Forschung: wie tragen verschiedene Nutzungsformen zum Klima und zur Klimabelastung bei. Sobald ich den Wasserstand absenke, habe ich im Torfboden Luft drinnen. Und diese Luft, die da drin ist, führt dazu, dass dieser gebundene Kohlenstoff mineralisiert und dann als CO2 in die Luft geht. Bei Ackerböden, die viel verbreitet sind im Donaumoos, haben wir Größenordnungen von 30 bis 35 t pro Jahr pro Hektar, d.h. das ist eine erhebliche Quelle von Kohlendioxid, die auf diesen Flächen erzeugt wird." Moorexpete Matthias Drösler
Artenreichtum im Donaumoos
Michael Hafner ist Forstwirtschaftler und betreut Projekte des Donauentwicklungskonzepts.
"Gut, es gibt Interessen des Naturschutz, Schutz der Wiesenbrüter, Moorkörperschutz. Dann gibt es Interessen aus der Wasserwirtschaft bezüglich Hochwasserschutz der Besiedlung – und vor allem die Landwirtschaft: auf diesen 18.000 Hektar im Donaumoos leben einige hundert Existenzen, landwirtschaftliche Existenzen von dem Boden, und die wollen es natürlich auch weiterhin tun."
Michael Hafner
Nasswirtschaft als Zukunftsmodell
In einem neuen Forschungsprojekt, das Professor Matthias Drösler in Zusammenarbeit mit dem Donaumooszweckverband durchführt, geht es um die Erprobung von Nasswirtschaft im Donaumoos. Auf großen Testflächen sollen Gräser angebaut werden, die natürlicherweise im Niedermoor vorkommen – wie Schilf, Rohrglanzgras oder Seggengräser.
"Wir werden in diesem Projekt auch ganz viele Alternativen testen, wie kann man das weiterverarbeiten, was kann man daraus machen, beispielsweise ein sehr charmanter Ansatz ist, aus Seggenrasen Torfersatzstoffe zu machen, d.h. man baut im Niedermoor Großseggen an, macht mit denen über einen Kompostierungsprozess einen Torfersatzstoff für die Gartenbauindustrie, schont damit den Moorboden im Niedermoor und im Hochmoor, wo normalerweise der gartenbauliche Torf herkommt. Das ist so eine Kette, die wir darin verfolgen."
Moorexperte Matthias Drösler
Das Projekt braucht Zeit und es muss auch von der Bevölkerung akzeptiert werden. Von der ganzen Bevölkderung, sagt der Professor.
"Ja, es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe: die Sanierung des Donaumooses. Man darf das nicht nur den Bürgern und Landwirten im Donaumoos aufbürden, letztlich leben viele davon – nicht nur die Donaumoosbürger. Wir alle wollen Klimaschutz, d.h. aus meiner Sicht müssen wir – wenn hier Klimaschutzaufgaben von den Landwirten abverlangt werden – dafür sorgen, dass sie angemessen dafür entschädigt werden, dass wir Flächen erwerben können, die für solche Aufgaben bereitstehen und da ist die Gesellschaft, letztlich wir alle gefragt."
Moorexperte Matthias Drösler