Dorniers fliegendes Erbe Flugzeuge aus Oberpfaffenhofen
Vor knapp 15 Jahren drohte dem bayerischen Luftfahrt-Standort Oberpfaffenhofen das Aus. Damals musste der Flugzeugbauer Fairchild Dornier Insolvenz anmelden. Inzwischen hat sich das Blatt gewendet.
Ein Wintertag in Oberpfaffenhofen. In der Werkshalle direkt am Flugfeld wird eifrig geschraubt und genietet. Hier, gut eine halbe Stunde westlich von München werden Flugzeuge gebaut. Wieder gebaut, muss man wohl sagen. Denn vor wenigen Jahren drohte dem Standort das Aus. Lange Zeit verließ keine einzige Maschine mehr das Gelände. Doch inzwischen gibt es wieder Passagierflugzeuge aus Bayern. Gleich zwei Firmen bauen in Oberpfaffenhofen ihre Flieger. Und beide Maschinen gehen auf Konstruktionen der Traditionsfirma Dornier zurück. Sie sind Dorniers fliegendes Erbe.
Das größere der beiden Flugzeuge hat bereits eine lange Erfolgsgeschichte hinter sich. Die erste DO 228 hob 1981 ab. In den Jahren danach wurden rund 250 Maschinen dieses Typs in alle Welt verkauft, bis 1998 die Produktion eingestellt wurde. Heute wird die Maschine wieder gebaut. Im vergangenen Jahr startete die Serienproduktion einer modernisierten Variante, der DO 228 NG. Das steht für New Generation, also Neue Generation.
"Wir befinden uns jetzt an der Station 1, der Flügel-Assembly-Station 1. Hier werden die drei Flügelteile, also der Mittelflügel und die zwei Außenflügel, die von unserem Strukturzulieferer aus Indien hier ankommen zusammengebaut zu einem Flügel. Es gibt da zwei Verbindungsstellen. Da werden Aluminiumlaschen angesetzt, und die werden dann miteinander vernietet."
Oliver Schmidt, verantwortlich für die Fertigung der DO228
Ruag ist ein Schweizer Unternehmen und der Retter des Standortes Oberpfaffenhofen. Als dort im Jahr 2002 der Flugzeugbauer Fairchild Dornier in die Pleite rutschte, kauften die Schweizer große Teile des Betriebes auf und finanzierten schließlich auch die Neuauflage der DO228. Dabei war völlig klar, dass die Maschine ihren Traditions-Namen behalten würde, auch wenn die großen Metallteile wie die Rumpfstücke oder die Einzelteile des Flügels aus Indien kommen: Die DO 228 ist nach wie vor ein bayerisches Flugzeug. So spielen Zulieferer aus dem Freistaat eine wichtige Rolle. Zum Beispiel MT Propeller aus Straubing. Die Firma ist ein sogenannter Hidden Champion. Also einer der vielen bayerischen Mittelständler, die in der breiten Öffentlichkeit kaum bekannt sind, aber ihren Markt dominieren. Im Fall der Firma aus Straubing sind das Propeller, etwa für die DO 228.
"Das Besondere ist, dass Dornier, als wir den entwickelt haben, den Propeller besonders auf Lärmreduktion, Leistungsgewinn und Sprit-Ersparnis optimiert haben wollte. Und das haben wir geschafft. Wir haben den originalen Vierblatt-Propeller aus Amerika, der ursprünglich die Dornier 228 angetrieben hatte, auf einen Fünfblatt-Propeller mit Kunststoff-Gemisch-Bauweise auf eben fünf Blätter und neue Aerodynamik umgebaut."
Martin Albrecht, Geschäftsführer MT Propeller
Auf dem Wasser landen kann die DO 228 allerdings nicht. Das ist reinen Wasserflugzeugen vorbehalten. Und gerade hier hat der Name Dornier seit fast hundert Jahren einen legendären Ruf. Firmengründer Claude Dornier baute 1929 die DO-X, das damals größte Flugschiff der Welt. Die Tradition will sein Enkel heute fortführen. Sichtlich entspannt führt Conrado Dornier durch eine Werkshalle in Oberpaffenhofen, einen Ort, den er seit seiner Kindheit kennt. An einem Ende der Halle steht so etwas wie ein fliegender Buben-Traum: Die Dornier Seastar, ein 12-sitziges Amphibienflugzeug, das sowohl auf dem Wasser als auch auf dem Land starten und landen kann. Es ist ein flugfähiger Prototyp aus den 80er Jahren.
"Das Seastar-Projekt fing an, als mein Vater Claudius Dornier – der älteste Sohn von Firmengründer Claude Dornier – aus der Geschäftsführung der Dornier GmbH ausgeschieden und Pension gegangen ist, aber nicht wirklich in Pension gehen wollte. Sondern er sagte, wir müssen sofort anfangen, ein modernes amphibisches Flugboot in den Markt zu bringen. Weil es das auf der Welt nicht mehr gibt. Und weil man als kleiner Hersteller Nischen bedienen muss."
Conrado Dornier, Aufsichtsratschef Dornier Seawings
Dass das immer noch gilt und das Konzept funktioniert, führen Conrado Dornier und seine Testpiloten mit dem alten Prototypen seit Jahren rund um die Welt vor. Die Dornier Seastar war fast schon überall auf dem Globus unterwegs. Ähnlich wie die DO228. Erst im vergangenen Jahr war der Flieger aus Oberpfaffenhofen auf einer großen Südamerika-Tour, zur Kundengewinnung. Und auch damit folgt man der Tradition. Denn schon Conrados Großvater Claude schickte in den 30er Jahren sein spektakuläres Wasserflugzeug auf große Reise.
"Für ihren Flug nach Norden, von Rio nach New York, benötigt die DO-X 22 Tage. 10 Zwischenlandungen mit zahlreichen Besichtigungen und Rundflügen sind eingeplant. … Musik ... Die Landung der DO-X auf dem Hudson River vor der Skyline von New York ist sogar für den sensationsgewohnten Amerikaner das Ereignis des Jahres 1931. Die gesamte amerikanische Presse berichtet begeistert von der Ankunft der DO-X."
Ausschnitt aus Historischem Werksfilm
In Oberpfaffenhofen ist man zuversichtlich, mit den neuen Dornier-Flugzeugen ähnlich erfolgreich zu sein. Die bayerischen Flugzeugbauer jedenfalls gehen davon aus, dass Dorniers fliegendes Erbe eine große Zukunft hat.