Kunst versus Verödung Kreative Bollwerke gegen die Landflucht
Weiten Gebieten Oberfrankens und der Oberpfalz gehen die Bewohner aus. Doch in den leeren Hallen und Häusern regt sich neues Leben: Künstler kommen und wirken der Verödung entgegen.
Der Zusammenbruch der Porzellan- und der Textilindustrie führte zur Abwanderung fast einer ganzen Generation. Vor allem die jüngere Bevölkerung ist abgewandert. Mit den bekannten Folgen, die man bürokratisch, sachlich in einem Wort zusammenfasst: Strukturschwäche. Es ist ein Wort mit dem Beigeschmack von Depression und hochgeklappten Bürgersteigen.
Wo die Bevölkerung schrumpft, wächst auch neues Leben
Zeit für Bayern-Autor Horst Konietzny hat sich für dieses Feature auf den Weg gemacht, die Lage direkt vor Ort zu sondieren und dabei Überraschendes entdeckt. In den Leerständen regt sich neues Leben. Angelockt von den spektakulär günstigen Immobilienpreisen finden zahlreiche Künstler ihren Weg in die Region und legen los, ihr mit frischen Ideen neues Leben einzuhauchen.
Von London nach Wirsberg
Das fränkisch-britische Künstlerpaar Silka Gebhardt und Peter Mitchell zum Beispiel hat sein Loft in East London aufgegeben und sich entschlossen, seine internationale Karriere von Wirsberg im Landkreis Kulmbach aus fortzusetzen. Vor allem aber schufen die beiden mit ihrem Projekt "Leepswood" ein Kunstzentrum für die Region und einen Treffpunkt für Künstler aus der ganzen Welt. Global Art meets local Bierfest. Ein tolles Integrationsprojekt aus fränkischer Lebenskunst und internationalen Kunstpositionen.
Neues Selbstbewusstsein
So wie in Wirsberg lassen sich in der sogenannten Provinz zahlreiche Akteure finden, die mit Hilfe der Kunst neues Selbstbewusstsein in die Region zu tragen versuchen. Das Spektrum reicht von der kunstsinnigen Mäzenin Dr. Krainz Leupold über die "Kultnacht" bis hin zu Gruppierungen wie der "Künstlerkolonie Fichtelgebirge". Die Künstlerkolonie ist ein Netzwerk, das 2012 von der Filmemacherin Sabine Gollner gegründet wurde, das die Kreativwirtschaft voranbringt und den Standort auch wirtschaftlich aufwertet.
Mit dabei ist beispielsweise Annette Hähnlein. Sie hat sich schon vor 20 Jahren aus der Großstadt München verabschiedet und ist in das kleine Röslau im Landkreis Wunsiedel gezogen. Dort arbeitet sie an Mosaiken und Skulpturen, nebenbei hat sie auch ein denkmalgeschütztes Bauernhaus vor dem Verfall gerettet und zu einem Gesamtkunstwerk gemacht. Ein gutes Beispiel dafür, wie Künstler leere Häuser wiederbeleben können.